Interview mit Hans Eberwein

Interview mit Hans Eberwein als PDF

Wie kamen Sie selbst zur integrativen Pädagogik? Welche Bezüge gab es zur Praxis?

Beginn der Diskussion innerhalb der Sonderpädagogik

Die Diskussion um Integration begann in Deutschland im Bereich der Sonderpädagogik 1970, also vor 45 Jahren. Ein Aufsatz dazu, den ich im März 1968 dem damaligen Schriftleiter der Zeitschrift für Heilpädagogik (ZfH), Bleidick, zur Veröffentlichung eingereicht hatte, wurde zur Publikation angenommen, jedoch erst im Juni-Heft 1970 abgedruckt. Der Grund lag darin, dass Bleidick die Brisanz und Aktualität des Beitrags erkennend, ein Themen-Heft zu der Integrationsproblematik veröffentlichen wollte, aber keine weiteren Beiträge zu dieser Thematik zur Verfügung hatte. Schließlich waren zwei Kollegen aus dem Institut von Bleidick in Hamburg bereit, Gegenpositionen zu erarbeiten, die in dem genannten Heft der ZfH publiziert wurden. Damit war die Auseinandersetzung um das Für und Wider der Abschaffung von Sonderschulen zugunsten einer integrativen Beschulung in der Bundesrepublik eröffnet.

Eigene Erfahrungen als Lehrer an einer Sonderschule

Meine Motive für eine integrative Beschulung waren damals zum einen durch meine Erfahrungen als Sonderschullehrer in einer undifferenzierten Sonderschule mit 25 Kindern in der Klasse (d. h. 15 Kindern mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen sowie 10 Kindern aus einem Obdachlosengebiet) begründet, zum andern dadurch, dass 1968 in Berlin die erste integrierte Gesamtschule in Deutschland eröffnet wurde. Mir war klargeworden, dass die Sonderschule kein pädagogisch vertretbares Modell darstellte. Die neu gegründete Schulform, die den Anspruch hatte, eine Gesamtschule zu sein, die alle Kinder integriert und soziale Benachteiligungen sowie Selektion überwinden möchte, erschien mir eine realistische Alternative zu sein. Sie hatte jedoch den Konstruktionsfehler, ein dreigliedriges, statt das real existierende viergliedrige Schulsystem verändern zu wollen.

Viergliedrigkeit des Schulwesens

Die Sonderschule als vierte Säule des damaligen Schulwesens, was in den meisten Bundesländern noch heute der Fall ist, war kein Diskussionsgegenstand, auch ihre Erwähnung keine Fußnote wert. Sie hätte die ohnehin bildungspolitisch aufgeheizte Auseinandersetzung zwischen den Parteien von CDU und SPD um die neue Schulform, die von der CDU als »sozialistische Einheitsschule« diffamiert wurde, noch verstärkt. Die Konsequenz war in der Sonderpädagogik der Ausbau von Sonderschulen zu einem differenzierten Sonderschulwesen mit zehn verschiedenen Sonderschularten. Damit waren Sonderschulen als eigenständige Schulform für viele Jahre/Jahrzehnte zementiert worden.

Gesamtschule zur Überwindung gesellschaftlicher Benachteiligung

Die innenpolitische Situation in Deutschland war ab 1968 hauptsächlich durch eine Kritik an verkrusteten gesellschaftlichen Strukturen, insbesondere an Hochschulstrukturen, geprägt. Die Gesamtschule stellte darauf eine Antwort dar sowie auch auf die Benachteiligung von Kindern aus unteren sozialen Schichten. Die Korrelation von Herkunft und Schulleistung ist in den PISA-Untersuchungen ab 2001 bis heute immer wieder bestätigt worden.

Abkehr von traditionellen Begabungsmodellen

Dem dreigliedrigen Schulsystem lag die Annahme zugrunde, dass es drei unterschiedliche Begabungstypen gibt, den theoretisch veranlagten, der das Gymnasium besucht, den praktischen, der für die Volksschule prädestiniert ist, und den theoretisch-praktischen, der für die Realschule am besten geeignet ist. Heinrich Roth hatte in seinen 1970 veröffentlichen lerntheoretischen Untersuchungen nachgewiesen, dass die traditionelle Begabungstheorie nicht mehr haltbar war. Hinzu kam die Erkenntnis, dass es den von der Pädagogik sowie von Lehrkräften angenommenen Normalschüler, den Durchschnittsschüler, in der Schulpraxis nicht gibt. Er ist und war eine Fiktion.

Innere Differenzierung und Individualisierung als Prinzip

In der Schulpraxis hatte sich längst gezeigt, dass Kinder unterschiedliche Sozialisationserfahrungen und Lernvoraussetzungen, Interessen und Bedürfnisse mitbringen. Begemann fand dafür die prägnante Formulierung: Jeder Schüler ist individuell spezifisch lernfähig. Damit war vor 40 Jahren die Heterogenität bzw. Vielfalt der SchülerInnen zum zentralen Ausgangspunkt pädagogischen Handelns geworden. Wenn aber die Lernvoraussetzungen der SchülerInnen einer Klasse unterschiedlich sind, dann sind auch Jahrgangsklassen oder Leistungskurse, denen eine vermeintlich einheitliche SchülerInnengruppe zugrunde liegen, als Organisationsmerkmal und Orientierungsgröße hinfällig. An die Stelle von Gleichheit trat jetzt die Differenz, die Vielheit, die Andersheit des Anderen. Innere Differenzierung und Individualisierung wurden zu grundlegenden unterrichtsmethodischen Prinzipien erhoben.

Gesamtschule als Leistungsschule

Die ideologischen und parteipolitischen Grabenkämpfe um die Gesamtschule, besonders um die methodischen Konzepte und Organisationformen des Fachleistungskurssystems und der Neigungsgruppen, führten jedoch zu einem Verständnis von Gesamtschule als Leistungsschule.

Reklamation der Grundschule als »eine Schule für alle«

Die sich nach und nach etablierende »Integrationspädagogik«, wie ich den Gegenentwurf zur Sonderschulpädagogik nannte, wandte sich deshalb von der Gesamtschule ab; auch deshalb, weil die Grundschule, die nicht Bestandteil der Gesamtschule war, immer schon Gesamtschul-Charakter hatte und hat. Hier bestand jedoch das Problem der Aussonderung, das deshalb der wichtigste theoretische Ansatzpunkt war, die Grundschule als Teil eines selektiven Schulsystems zu identifizieren und zu kritisieren, sowie vor diesem Hintergrund eine integrativ konzipierte Schule zu reklamieren.

Sonderschule als stigmatisierende Institution

Das Ziel war es, aus der Grundschule eine nichtaussondernde Einrichtung zu machen. Dies war nur möglich, indem die Sonderschule mit all ihren negativen Merkmalen als stigmatisierende und diskriminierende sowie sozial isolierende und benachteiligende Institution in den Fokus gerückt wurde. Schon in den 60er Jahren hatten Elfriede Höhn und Inge Kaufmann durch die Befragung von SchülerInnen der Sonderschule den Tatbestand der Diskriminierung und Stigmatisierung, und sogar Suizidabsichten von SonderschülerInnen belegt. Durch Untersuchungen, die nach 1970 durchgeführt wurden, konnte auch die Ineffizienz von Sonderbeschulung empirisch nachgewiesen werden. Vor diesem Hintergrund war es das Ziel von Integrationsbefürwortern, eine nichtaussondernde Schule, also Inklusion, zu fordern.

Menschenrechtliche Perspektiven

Dass diese Forderung auch eine menschenrechtliche Dimension besaß, kam damals noch nicht in den Blick, wohl deshalb, weil nach der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen von 1948 sowie dem Grundgesetz von 1949 zwar alle Menschen an Würde, Rechten und Freiheit gleich sind, eine Spezifizierung für einzelne Personengruppen erfolgte jedoch erst viele Jahre später. Sowohl die UN-Kinderrechtskonvention von 1989, die Erklärung der UNESCO- und UNICEF-Weltkonferenz von Jomtien/Thailand über »Bildung für Alle« von 1990 sowie die UNESCO-Weltkonferenz »Pädagogik für besondere Bedürfnisse« in Salamanca von 1994, als auch die Grundrechts-Charta der EU von 2000 und das Behindertengleichstellungsgesetz von 2002 haben sich danach explizit gegen eine Diskriminierung wegen Behinderung gewandt. Und die Grundgesetz-Ergänzung von 1994 legte im Art. 3 Abs. 3 Satz 2 fest: »Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.« Das Bundesverfassungsgericht stellte in einem Beschluss von 1997 jedoch fest, dass mit diesem Passus im GG nicht automatisch ein Sonderschulverbot verknüpft sei. Erst die UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) von 2006, die in Deutschland 2009 in Kraft trat, brachte für Menschen mit »Behinderung« die volle Gleichberechtigung, Nichtdiskriminierung, Chancengerechtigkeit sowie alle Menschenrechte und Grundfreiheiten. Der Art. 24 gewährleistet ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und die Sicherstellung, dass Kinder mit Behinderung nicht vom Grundschulunterricht und weiterführenden Schulen ausgeschlossen werden.

Abwertungsgefühl bei SonderschulfunktionärInnen

Damit ist die 1968 vorgetragene Forderung nach integrativer Beschulung, die von SonderschulfunktionärInnen als Verrat sowie als Abwertung der fachspezifischen Kompetenz von SonderschullehrerInnen verstanden wurde, 40 Jahre später von der UNO zu einem einklagbaren Grund- und Menschenrecht erklärt worden.

Erkenntnisse aus den Schulversuchen

Bereits die 70er und 80er Jahre haben, unter anderem auch durch Schulversuche zur Integration, zu inklusionspädagogischen Erfahrungen und Erkenntnissen geführt, die bis heute Gültigkeit haben.

Studium der Sonderpädagogik

Aufgrund meiner Tätigkeit in einer Sonderschule habe ich zunächst das Sonderschullehrerstudium in Marburg absolviert und dabei die Erfahrung gemacht, dass ich dadurch nicht in der Lage war, meine »sonder«-pädagogische Inkompetenz und methodische Hilflosigkeit zu überwinden, zumal ich wöchentlich zwei Nachmittage mit Vorlesungen in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie verbringen musste, denn der damalige Direktor der Klinik, Stutte, vertrat die Meinung, dass Heilpädagogik angewandte Kinderpsychiatrie sei. Ich gelang demgegenüber zu der Überzeugung, dass das vermittelte Menschenbild, die fehlende ganzheitliche Sichtweise, die begriffliche Stigmatisierung, das Fremdverstehen, das Verständnis von Diagnostik, der vermittelte Lernbegriff sowie die Lehr-Lernorganisation grundlegend verändert werden müssten, um die SchülerInnen in ihrem Verhalten zu verstehen, sie nicht auszusondern, und ihnen adäquate Lernangebote in der allgemeinen Schule zu machen.

Sonderpädagogik als Allgemeine Pädagogik (unter spezifischen Lernbedingungen)

Da ich von 1975–1980 als pädagogischer Mitarbeiter am Institut für Sonder- und Heilpädagogik der Uni Frankfurt a. M. tätig war, habe ich im Rahmen der Sonderschullehrer-Ausbildung auf der Grundlage der gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse eine Pädagogik zu vermitteln versucht, die mit dem Selbst- und Aufgabenverständnis der traditionellen Sonderpädagogik nur noch wenig gemeinsam hatte. Sonderpädagogik war für mich fortan Allgemeine Pädagogik (unter spezifischen Lernbedingungen).

Welches waren die größten Herausforderungen sowie die wichtigsten theoretischen Grundlagen und Erkenntnisse?

Ich habe ab 1980 meine Aufgabe als Hochschullehrer für »Sonder«-Pädagogik mit dem Schwerpunkt »Lernbehinderten«-Pädagogik an der FU Berlin auf dem genannten Hintergrund zu definieren versucht. Dies war für mich die größte Herausforderung im Hinblick auf die Entwicklung einer integrativen Pädagogik. Zugute kam mir dabei eine begrenzte Mitarbeit in dem Uckermark-Schulversuch ab 1981, in dem es galt, das erwähnte Verständnis von Pädagogik ausbildungs- und schulpraktisch umzusetzen.

Hinterfragen des Behinderungsbegriffs

Lässt man in diesem Prozess die Auseinandersetzungen um die formalen Vorgaben der Schuladministration einmal außer Acht, dann war die erste inhaltliche Herausforderung das Hinterfragen des herkömmlichen Behinderungsbegriffs (der Begriff »I-Kinder« war damals eine Hilfskonstruktion).

Alternativen zur Intelligenzdiagnostik entwickeln

Eine andere wichtige Aufgabe war es, herkömmliche standardisierte diagnostische Überprüfungsverfahren, wie beispielsweise den HAWIK, durch andere Erkenntnisinstrumente zu ersetzen, vor allem die teilnehmende Beobachtung einzusetzen. Außerdem die Heterogenität der SchülerInnen als Normalität zu begreifen, aber auch das Verständnis von Lernen neu zu definieren.

Hospitationen in offenen Unterrichtssettings

Ich hatte im Rahmen der Lehrtätigkeit an der FU den Vorteil, dass es in Berlin zu jener Zeit bereits reformorientierte Grundschulen sowie Alternativ-Schulen gab, in denen offene Lernformen praktiziert wurden. Dieser Tatbestand eröffnete mir neben der theoretischen Durchdringung die Möglichkeit, den Studierenden durch Hospitationserfahrung und Praktika den Zugang zu anderen Unterrichtsformen als dem Frontalunterricht zu ermöglichen.

Nach 40 Jahren Schul- und Hochschulerfahrung, aber auch aufgrund der Integrationsdiskussion in den letzten Jahrzehnten kann ich heute mit Überzeugung sagen, dass die erfolgreiche Verwirklichung von Inklusion von fünf grundlegenden Erfahrungen und Erkenntnissen abhängig ist:

1. dem Behinderungsbegriff

2. der Diagnostik als Fremdverstehen und Verhaltensbeobachtung

3. dem neuen Verständnis von Lernen sowie den Möglichkeiten zur Differenzierung und Individualisierung

4. der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte sowie ihrem Rollenverständnis

5. den Rahmenbedingungen von Schule

Dies sind nach meiner Auffassung die wichtigsten Gelingensfaktoren und zugleich die theoretischen Grundpfeiler der Integrations-/Inklusionspädagogik. Es handelt sich um Essentials, ohne die gemeinsames Lernen ihrem Anspruch nicht gerecht werden kann. Deshalb werde ich im Folgenden näher darauf eingehen.

Zu 1. Zum Behinderungsbegriff, Anderssein und Unterstützungsbedarf

Behinderungsbegriff in der Sonderpädagogik

Der Behinderungsbegriff ist von Bleidick aus dem Sozialrecht, in dem er im Hinblick auf die Gewährung eines Nachteilausgleichs sinnvoll und notwendig ist, in die Pädagogik sowie in die sonderpädagogische Theoriebildung übernommen worden. Sonderpädagogik und Sonderschule bezogen daraus ihre Begründung und Existenzberechtigung. Behinderungszuschreibung war die Voraussetzung für besondere pädagogische Hilfen. Die Behinderungstheorien gehen von einer in der Person des Schülers oder der Schülerin liegenden Störung der Bildsamkeit aus. Sie haben das medizinische Erklärungsmodell und damit die Objektivierung und Ontologisierung von Behinderung zur Grundlage gemacht und blieben damit dem individualtheoretischen Paradigma, dem defektspezifischen Ansatz, dem konditionalen Denken verhaftet.

Behinderung als defizitorientierte Zuschreibung

Behinderung ist aber keine Eigenschaft, sondern eine Zuschreibung, eine Diskrepanz zwischen individuellen Voraussetzungen und gesellschaftlichen Erwartungen. Sie ist immer an einen sozialen Kontext gebunden, in dem Verhalten stattfindet. Behinderung ist also kein a priori vorhandenes Persönlichkeitsmerkmal, erst die gesellschaftliche Bewertung – das Normensystem – macht einen Menschen mit spezifischen Bedürfnissen zum »Behinderten«. Die Pädagogik zum Beispiel produziert durch bestimmte Aufgabenstellungen, Erwartungen, Zensuren, Interventionen und Sanktionen Normabweichungen und konstituiert so »Behinderung«. Der Behinderungsbegriff stellt das Fehlende in den Vordergrund. Die Fixierung auf das Behinderungsspezifische vernachlässigt die ganzheitliche Sicht von Kindern. Die sogenannte Behinderung ist nur ein Teil der Gesamtpersönlichkeit eines Kindes, die ihrerseits eingebunden ist in verschiedene soziale Systeme. Eine systemische und Lebenswelt orientierte Sichtweise kann das monokausale Denken und damit die einseitig defektorientierte Betrachtung überwinden. Eine ganzheitliche Sichtweise verbietet Kategorisierungen, Einstufungen und Ausgrenzung. In der Integrationspädagogik gilt deshalb der Grundsatz: Es ist normal, verschieden zu sein. Und: Die Gemeinsamkeit ist Voraussetzung, um Verschiedenheit akzeptieren zu können. Wenn es also normal ist, anders zu sein –und jeder von uns ist anders –, wenn also die Vielfalt als Normalität angesehen wird, dann brauchen wir bestimmte Kinder nicht mehr als normabweichend auszusondern. Dann bedarf es auch keiner als »besonders« bezeichneten Pädagogik mehr. In diesem Falle würde es ausreichen, die individuellen Dispositionen, die Lernentwicklung und Lernschwierigkeiten sowie die Bedürfnisse eines jeden Kindes zu beschreiben, statt sie in einem stigmatisierenden Begriff zu verkürzen, zumal dieser keine pädagogischen Handlungsimplikationen enthält. »Behinderung« als relationales Phänomen kann also nicht unabhängig gesehen werden von den Anforderungen der Schule, den Leistungserwartungen und dem Beurteilungsverhalten der LehrerInnen, ihren Lernarrangements und Toleranzgrenzen.

Behinderungsbegriff in den KMK-Empfehlungen

Unabhängig von der jahrzehntealten Kritik am Behinderungsbegriff sowie der Tatsache, dass sich inzwischen alle namhaften VertreterInnen der wissenschaftlichen Sonderpädagogik von dem Begriff distanziert haben, benutzen die KMK bzw. die ReferentInnen für Sonderpädagogik in den Ministerien in ihrem Beschluss vom 20.10.2011 sowohl im Titel (»Inklusive Bildung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in Schulen«) als auch im Text den Behinderungsbegriff so, als habe es die vorgenannte Entwicklung und Begriffsdiskussion nicht gegeben. Das Ziel sei es, die »erreichten Standards sonderpädagogischer Bildungs-, Beratungs- und Unterstützungsangebote […] abzusichern und weiterzuentwickeln« (S. 3). Eine kritische Distanzierung von der bisherigen sonderpädagogischen Begrifflichkeit und Schulpolitik lässt sich in diesen Formulierungen ebenso wenig erkennen, wie eine Auseinandersetzung mit den menschenrechtlichen Forderungen der BRK. Die KMK fühlt sich nach wie vor dem individualtheoretischen Paradigma verpflichtet und benutzt einen personenbezogenen Behinderungsbegriff.

Behinderungsbegriff in der Fachdiskussion

Auch die Integrations-/Inklusionspädagogik hat sich mit dem Begriff »Behinderung« bisher schwergetan, die interaktionistische und systemtheoretische Betrachtung von individuellem Unterstützungsbedarf zu akzeptieren und zu formulieren sowie auf einen Zuschreibungsprozess zu verzichten. So findet man auch in neuerer Literatur immer noch Begriffe wie »behinderte Kinder«, oder »Kinder mit Behinderungen«, auch Kinder mit »Handicap« oder mit »sonderpädagogischem Förderbedarf«.

Selbst von Fachleuten und in Fachbeiträgen sowie zum Beispiel auch bei der Berufsbezeichnung der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange »behinderter Menschen« wird der Behinderungsbegriff noch immer in unreflektierter Weise verwendet und die »Behinderung« sprachlich als feststehendes Persönlichkeitsmerkmal charakterisiert. Bei einer solchen Begriffsverwendung wird der betreffende Mensch nur mithilfe eines einzigen (negativen) Attributs gekennzeichnet. Dieses Merkmal wird absolut gesetzt und der Schüler oder die Schülerin allein darüber definiert.

Demgegenüber benutzt die BRK einen relationalen, systemischen Begriff von Behinderung und stellt die verschiedenen gesellschaftlichen Barrieren in den Mittelpunkt, die Menschen mit Beeinträchtigungen an der vollen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern. Auf Schule übertragen bedeutet das soziale Verständnis von Behinderung, dass sich SchülerInnen nicht an die jeweilige Schule anzupassen haben, sondern Schule sich auf die Schüler, ihre Individualität, ihre Eigenheiten und Besonderheiten einstellen muss.

Integration und Inklusion als
Übergangsbegriffe

Ich habe Mitte der 80er Jahre in dem Handbuch der Integrationspädagogik darauf hingewiesen, dass der Begriff »Integrationspädagogik« ein Übergangsbegriff sei, der mit der Verwirklichung einer integrativen Schule seine Funktion erfüllt habe. Dies gilt auch für die Begriffe »Inklusion« und »Inklusionspädagogik«, ausgenommen für den außerschulischen Bereich.

Wenn es in Zukunft keine Sonderschulen und kein Studium für das Lehramt an Sonderschulen mehr geben wird, weil beide in allgemeine Schulen und Studiengängen inkludiert sind, dann bleibt jedoch das gesammelte Wissen über bestimmte individuelle Erscheinungs- und Verhaltensformen als inhaltlicher Bestandteil, der im Rahmen der allgemeinen Lehrerbildung als fachlicher Förderschwerpunkt studiert und als schulischer Unterstützungsbedarf eingesetzt werden kann. Die BRK wäre sodann der Verwirklichung eines Grund- und Menschenrechts für alle im Bereich Schule in Deutschland ein großes Stück näher gekommen. Lediglich der Begriff »Integration« wird im Zusammenhang mit der Eingliederung von Migranten und Flüchtlingen erhalten bleiben.

Zu 2. Diagnostik als Fremdverstehen und Verhaltensbeobachtung

Kritik an der Testdiagnostik

Die traditionelle sonderpädagogische Diagnostik war eine Selektionsdiagnostik, die lediglich die Frage zu beantworten versuchte, ob ein Kind sonderschulbedürftig ist oder nicht. In einem inklusiven System stellt sich diese Frage nicht mehr. Deshalb gehört diese Form der Diagnostik der Vergangenheit an. Die Kritik an der Aussonderungsdiagnostik entzündete sich schon in den 80er Jahren, da sich aus den defektorientierten testdiagnostischen Ergebnissen keine Erkenntnisse für das Verstehen des Schülers/der Schülerin und kein adäquates didaktisches Handeln ableiten ließen. Eggert, der selbst viele Jahre psychologische Diagnostik gelehrt hat, hatte bereits 1998 (S. 33) sein Unbehagen an der Testdiagnostik geäußert und festgestellt, dass psychometrische Methoden nach der klassischen Testkonstruktion, also die Gütekriterien, weder von der Objektivität, noch von der Reliabilität und Validität her überzeugen können.

Förderdiagnostik

Mit der sogenannten »Förderdiagnostik« wurde Anfang der 80er Jahre als Gegenkonzept zur Selektionsdiagnostik eine Diagnostik entwickelt, die nicht auf die Messung weitgehend unveränderlicher Persönlichkeitsmerkmale gerichtet ist, sondern das Verhalten und Lernen im sozialen und situativen Kontext erfassen möchte, um daraus individuelle Fördermaßnahmen abzuleiten. Der systemisch-ganzheitliche diagnostische Ansatz berücksichtigt bei der Beurteilung des Lernverhaltens alle lebensweltlichen Teilsysteme, in die ein Kind eingebunden ist. Im Sinne der Förderdiagnostik sind daher schulische Problemsituationen Ausdruck einer komplexen Lern- und Lebenssituation, die multifaktoriell bedingt ist. Förderdiagnostik richtet ihr Augenmerk also nicht nur auf Lernergebnisse, sondern vielmehr auf den Lernprozess und seine Unterstützung.

Lernprozessbegleitende Diagnostik

Die Schwierigkeit, aus einer Vielzahl von diagnostischen Daten immer auch die richtigen didaktischen oder therapeutischen Konsequenzen abzuleiten, kann jedoch auch die Förderdiagnostik nicht lösen, denn zwischen Diagnose und Unterricht besteht kein direktes Ableitungsverhältnis. Zumeist lässt ein diagnostisches Ergebnis mehrere didaktisch-methodische Handlungsmöglichkeiten zu (vgl. Schlee, 2003, S. 66f.). Dieser Tatbestand macht deshalb hypothesenorientierte und lernprozessbegleitende Diagnostik unbedingt erforderlich.

Außerschulische Sozialisationserfahrungen

Man kann also festhalten, dass weder Zuschreibungsprozesse noch standardisierte Testverfahren Aussagen über das Lernverhalten von SchülerInnen, ihre persönlichen Probleme, ihre Biografie, ihre Lebens- und Erfahrungswelt sowie ihre Bedürfnisse und Interessen zulassen. Kinder bringen ihre eigene Geschichte, ihre familiäre Sozialisation, Kindheits- und Freundschaftserlebnisse, aber auch ihre Krankheitsgeschichte, Armuts- und Gewalterfahrungen mit. Das heißt, die außerschulischen Sozialisationserfahrungen, die ihr Leben geprägt und ihre Lernvoraussetzungen, ihr Lernverhalten beeinflusst haben, tragen sie als individuelle Lebenserfahrung mit sich. Nur in der Schule interessiert sich in der Regel niemand dafür und fragt auch niemand danach. Die SchülerInnen sind ja in der Regel Teil einer gleichaltrigen Klassengemeinschaft, die aber außer dem gleichen Geburtsjahr keine biografischen Gemeinsamkeiten hat. Es handelt sich vielmehr um »Fremde«, die ihre Lebensgeschichte nicht sichtbar nach außen, sondern in ihrem Innern tragen, jedoch in ihren Verhaltensweisen andeuten, abbilden. Im Unterricht aber sollen sich alle SchülerInnen für das gleiche Thema interessieren und dafür motiviert sein, denn die Lehrkraft hat sich schließlich am Lehrplan orientiert und auf den Gemeinsamen Unterricht gut vorbereitet.

Offenheit für andere Wirklichkeitskonstruktionen

Besonders schwierig ist es, Mitglieder anderer Lebenswelten und Subkulturen, vor allem sozial Ausgegrenzte, in ihrem Sosein zu verstehen. Es ist deshalb notwendig, dass Fremdverstehen die Absolutheit eines Verstehensbegriffs überwindet, der davon ausgeht, dass man nur das verstehen kann, was einem aufgrund der eigenen Biografie und Sozialisation schon vertraut ist. Ein solches Fremdverstehen wendet sich dagegen, Werte der eigenen Kultur oder Lebenswelt zu objektivieren, allgemeingültige Normen zu erheben und beispielsweise Angehörige einer anderen sozialen Schicht oder Migrantenkinder an diesen Wertmaßstäben zu messen und ihnen auf diese Weise zu bescheinigen, dass sie zum Beispiel eine defizitäre Sprache benutzen oder in ihrem Lernen bzw. Verhalten negativ abweichen. LehrerInnen, ErzieherInnen und TherapeutInnen, die mit fertigen, allgemeingültigen Konzepten oder gar Rezepten arbeiten, die griffige Formeln und scheinbar überzeugend klingende Definitionen parat haben und die deshalb immer schon wissen, was beispielsweise eine »Lernbehinderung« oder eine »Verhaltensstörung« ist, sind meist nicht offen für Situationsdefinitionen und Wirklichkeitskonstruktionen anderer. Von ihrer Position aus ist es oft nur ein kleiner und in diesem Verständnis auch folgerichtiger Schritt zu Etikettierungen und Stigmatisierungen.

Verstehen als Grundlage

Menschliches Tun, auch pädagogisches Handeln, ist immer sinnhaftes Handeln. Verstehen heißt demnach Erfassen von Bedeutungen. Deshalb ist es nach Alfred Schütz (1981) wichtig, etwas über die biografisch und situativ bedingten Sinnentwürfe zu erfahren. Dies setzt immer voraus, dass man sich seiner eigenen Vorurteile bewusst wird, ehe man versucht, andere zu verstehen; denn man versteht und beurteilt den Anderen über die eigenen Wahrnehmungs- und Interpretationsmuster. Im Verstehensakt muss es dann nach Gadamer (1965) zu einer »Verschmelzung« der unterschiedlichen Verstehenshorizonte kommen. Die Hermeneutik impliziert also einen Verstehensbegriff, dem ein zwischen Subjekten ablaufender Interaktionsprozess zugrunde liegt, in dem der Interaktionspartner als Individuum in seiner historischen Gewordenheit gesehen wird. Dieses Begriffsverständnis macht es notwendig, den anderen wissentlich zu erfassen, das heißt Wissen über das Denken, Fühlen und Handeln des anderen zu erwerben, das dann als Grundlage für erzieherische, helfende, therapeutische Maßnahmen dienen soll.

Subjektivität von Konstruktionen

Betrachtet man Wahrnehmungs-, Erkenntnis- und Verstehensprozesse aus konstruktivistischer und ethnografischer Sicht, so muss man feststellen, dass diese niemals objektiv, sondern prinzipiell subjektiv sind. Das heißt, wir sehen die Welt immer mit unseren Augen. Wie sie wirklich ist, wissen wir nicht. Nach Heidegger können wir nicht zum »Ding an sich« vorstoßen. Wir wissen immer nur, was die Dinge für uns bedeuten. Diese Subjektivität der Wirklichkeitssicht und Wirklichkeitsinterpretation hat soziale, schicht-, kultur- und geschlechtsspezifische Ursachen. Auch Lehrerinnen und Lehrer müssen sich bewusst machen, dass ihr Wissen keine absolute Wahrheit, sondern ebenfalls eine Konstruktion von Wirklichkeit ist (Siebert, 1994, S. 82). Sie müssen sich darüber im Klaren sein, dass auch das in Schulbüchern angebotene Wissen Konstruktionen darstellt. Dies lässt sich besonders an der Geschichtswissenschaft verdeutlichen, denn jede Historikergeneration interpretiert frühere Zeiten neu und anders. Geschichte ist also kein objektiver Prozess und auch historische Dokumente sind nicht objektiv; beide sind das Ergebnis von bestimmten subjektiven Interessen, Wahrnehmungen und Interpretationen.

Diagnostik als Verstehensprozess

Aufgabe von DiagnostikerInnen und LehrerInnen ist es also, im Bemühen um Verstehen eines handelnden Individuums, eines Schülers/einer Schülerin unter Berücksichtigung der Lebensgeschichte und gegenwärtigen Lebenswelt und unter Bezugnahme auf die Alltagstheorien des Diagnostikers/der Diagnostikerin die handlungsleitenden Prozesse, die sich innerpsychisch in Kognitionen, Emotionen und Motivationen darstellen, zu rekonstruieren. Diese Prozesse sind in ihrer Eigenart von außen kaum beobachtbar. Zu deren Erfassung sind deshalb Verbalisierungsmethoden wie Gespräche mit dem Schüler/der Schülerin, Erzählen, empathische Fragen, Lautes Denken, Interviews usw. notwendig (Kautter, 2003, S. 84). Beim Bemühen um Verstehen wird es oftmals notwendig sein, zusätzliche Informationen zu erhalten, zum Beispiel »aus der Beobachtung nicht nur des verbalen, sondern auch des nonverbalen Verhaltens des Kindes, aus der Beobachtung der Situation, in der das Kind handelt, aus dem verbalen und nonverbalen Verhalten in anderen Situationen, aus der Erkundung der gegenwärtigen Lebenssituation, aus der Erforschung der bisherigen Lebensgeschichte und aus den Kognitionen der Bezugspersonen des Kindes« (Kautter, 2003, S. 81ff.).

Verhalten im Kontext erfassen

An dieser Stelle ist der Hinweis wichtig, dass es kein Verhalten an sich gibt, denn Verhalten ist immer Verhalten in Situationen. Deshalb muss bei der Beobachtung und Beurteilung von Verhalten immer der soziale Kontext, im dem Verhalten stattfindet, mitbedacht und mitbeurteilt werden. Wir alle verhalten uns in unterschiedlichen Situationen anders. Ebenso ist es bei Kindern gegenüber LehrerInnen. Außerdem ist Verhalten stark geprägt durch die Lebensgeschichte und die Lebenssituation von Kindern. Für LehrerInnen ist es diagnostisch unverzichtbar, so viel wie möglich über das bisherige und derzeitige Leben von SchülerInnen zu erfahren. Eine entsprechende Befragung von Kindern reicht dafür nicht aus.

Lebenswelt der Kinder erleben

Ich halte es aus eigener Erfahrung für unabdingbar, dass Lehrer und Lehrerinnen die Lebenswelt von SchülerInnen kennen lernen. Dafür ist es notwendig, die SchülerInnen der eigenen Klasse zu Hause zu besuchen, um in Erfahrung zu bringen, wo und wie sie leben/wohnen sowie die Eltern/Erziehungsberechtigten kennen zu lernen und sich mit ihnen zu unterhalten. Nur so kann es gelingen, sich als LehrerIn in die Lage des Schülers/der Schülerin hineinzudenken, sich in ihn/sie einzufühlen und seine/ihre Perspektive einzunehmen. Hier geht es also um den Versuch, Verhaltenssituationen mit den Augen des Kindes zu sehen sowie sich der eigenen subjektiven Theorien/Kognitionen im Verstehensprozess, der eigenen Wahrnehmungs- und Interaktionsmuster bewusst zu werden.

Fallbesprechung

Durch den lebensweltlichen Bezug der Datengewinnung ist im Gegensatz zu standardisierten Verfahren eine ökologische Validierung gegeben. Sinnvoll und informativ wäre auch eine kommunikative Validierung in Form einer Fallbesprechung, an der sich alle LehrerInnen, die den Schüler/die Schülerin aus dem Unterricht kennen, beteiligen.

Teilnehmende Beobachtungen

Neben lebensweltlichen Informationen, Fallanalysen, Gesprächen und offenen Interviews als methodologische Prinzipien hermeneutischen Verstehens ist die teilnehmende Beobachtung, die Verhaltensbeobachtung, eine grundlegende förderdiagnostische Methode, verstehenden Zugang zu SchülerInnen und individuellem Bedingungsfeld zu finden sowie Alltagswissen, Sinnstrukturen und vor allem Deutungsmuster situativ zu erschließen (vgl. auch Knauer, 2008). Sie stellt deshalb das wichtigste Fundament für eine Pädagogik und Didaktik des Fremdverstehens sowie für die soziale Perspektivenübernahme dar. Über die Beobachtung von Kindern, über die Wahrnehmung der Außenseite ihres Handelns, eröffnen sich nach Kautter Möglichkeiten, die Innenseite zu verstehen.

Mehrfache Beobachtungen statt Einzelbeobachtung

Der bekannte Psychologe Thomae stellte bereits 1976 (Thomae, 1976, S. 34) fest, dass das sich Wiederholende, das in gleichartigen Situationen immer wiederkehrende Verhalten für einen Menschen charakteristisch ist. Grundsätzlich gilt aber: »Keine Einzelbeobachtung ist für sich allein genommen hinreichende Grundlage für Beurteilungen. Erst ein sorgfältiges Gegeneinanderhalten der Einzelbefunde, ein Vergleich und Abwägen ihrer Gewichtigkeit, ein Prüfen vor allem der einander widersprechenden Aussagen, ein Tasten und Suchen nach dem roten Faden, der sich durch alle Einzelaussagen hindurchzieht, geben eine […] ausreichende Basis für verwertbare […] Aussagen über eine Persönlichkeit ab« (Thomae, 1976, S. 55).

Eigene Projektionen

Fremdbeobachtung bedeutet immer auch ein Stück Selbstbeobachtung. Was wir beobachten und wie wir das Beobachtete bewerten, hat mit uns selbst zu tun, ist abhängig von unserer eigenen Sozialisation, von unseren Vorannahmen, Erwartungen, Relevanzen, Wertmaßstäben, verinnerlichten Theorien. Es findet, wie Thomae sagt, eine Art »Projektion« eigener Anliegen in andere Personen statt. Dieser Übertragung werden wir uns jedoch erst bewusst durch den Vergleich mit den Beobachtungsergebnissen anderer LehrerInnen. Auf diese Weise erfahren wir, warum wir bestimmte Verhaltensmerkmale so und nicht anders bewerten. Auch deshalb sind Fallbesprechungen von LehrerInnen über SchülerInnen so interessant und wichtig.

Grenzen der Beobachtung

Der Lehrer oder die Lehrerin muss sich der Grenzen der Verhaltenscharakteristik bewusst sein und deshalb Pauschalurteile und vorschnelle Generalisierungen vermeiden. Beobachten ist oftmals mit Fehlern behaftet; denn jeder nimmt nur bestimmte Aspekte eines Vorganges auf und interpretiert danach seine Wahrnehmung. Wenn wir aber die möglichen Fehler kennen und uns deren bewusst sind, können sie weitgehend eingeschränkt werden.

Positive Aspekte betonen

Bei Verhaltensbeschreibungen, zum Beispiel in Lernberichten, sollte man nach Möglichkeit negative Charakterisierungen vermeiden und dafür mehr die positiven Seiten des Schülers/der Schülerin betonen. Seine/ihre Fähigkeiten, Stärken, Interessen, Bedürfnisse, Vorlieben bieten Ansatzpunkte für individuelle Hilfen. So genannte Verhaltensstörungen sind fast immer Ausdruck einer psychischen Problemsituation, die den Schüler/die Schülerin belastet. Sie sind deshalb als Signalverhalten zu interpretieren.

Beschreibung statt Beurteilung

Verhaltensbeschreibung sollte nicht durch Interpretation ersetzt werden, denn diese erklärt, zieht Schlussfolgerungen, verallgemeinert und steht demnach am Ende des Beobachtungsverlaufs als eine vorläufige Bewertung bzw. Beurteilung des Beobachteten. Wir neigen dazu, unsere Mitmenschen, also auch die SchülerInnen, sogleich zu beurteilen, wertend zu ihnen Stellung zu nehmen, statt sie einfach in ihrem Verhalten zu beschreiben, was freilich viel schwieriger ist (Thomae, 1976, S. 16).

Beobachtungen dokumentieren

Beobachtungsergebnisse sollten schriftlich festgehalten werden. Sie dienen als Merkhilfen für Förderangebote, für Gespräche zwischen LehrerInnen sowie zwischen LehrerInnen und Eltern.

Die Beobachtung eines Schülers/einer Schülerin kann frei oder strukturiert vorgenommen werden. (Genaueres dazu sowie zu den wichtigsten Beobachtungsfehlern und weiteren Möglichkeiten zur Informationsgewinnung vgl. Eberwein & Knauer, 2003, S. 202ff.).

Geeignete Beobachtungssettings

Offene und flexible Unterrichtsformen wie zum Beispiel freie Arbeit oder projektorientiertes Arbeiten und differenzierender Unterricht, in denen SchülerInnen und LehrerInnen kommunikativ und im Team lehren und lernen, geben mehr Möglichkeiten, Lernprozesse, aber auch sozial-emotionale Verhaltensabläufe kennen zu lernen, Kinder besser zu verstehen, sich in ihre Lage zu versetzen und einen Perspektivenwechsel vornehmen zu können. Insbesondere im inklusiven Unterricht mit seinem Mehr-Lehrer-System bestehen gute Möglichkeiten, für PädagogInnen über einen längeren Zeitraum Verhaltensbeobachtungen durchzuführen.

Gespräche mit jedem Kind

Neben der Informationsgewinnung durch biografisch-anamnestische Daten, die Auskunft über die Lebenswelt und den Lebensweg sowie die derzeitige sozioökonomische Situation des Kindes geben, sind freie Gespräche mit dem Schüler/der Schülerin eine Möglichkeit zu verstehen, wie der Schüler/die Schülerin sich selbst sieht, wie er/sie Gefühle, Wünsche usw. darstellt und beschreibt. Eine Lehrerin schreibt: »Einmal in der Woche spreche ich mit jedem Kind einzeln über seine Arbeitsergebnisse, was ihm Spaß, Schwierigkeiten gemacht hat, was es sich für die nächste Zeit vornimmt. Darauf bereite ich mich vor und mache mir im Anschluss daran Notizen« (Landesinstitut für Schule und Weiterbildung, 1993, 17).

Zeit zum Beobachten schaffen

Das Institut empfiehlt außerdem: »Suchen Sie bewusst nach Gelegenheiten, sich überflüssig zu machen! Ob beim Zusammenschieben des Stuhlkreises, beim Frühstück, in der großen Pause, auf dem Schulhof, nutzen Sie die Zeit für Beobachtungen: Wer spricht mit wem? Wie entsteht Streit? Wer setzt sich durch? Wer gibt nach? Wer tauscht mit wem sein Brot? Wo steht einer allein? Versucht das Kind, Anschluss an eine Spielgruppe zu finden? […] Die besten Gelegenheiten zu gezielten Beobachtungen einzelner Kinder bieten sich natürlich dann, wenn Sie frei dafür sind, das heißt, wenn Sie sich zurücknehmen und die Aktivitäten bei den Kindern liegen […]« (ebd., S. 15ff.).

Zu 3. Neues Verständnis von Lernen sowie Möglichkeiten zur Differenzierung und Individualisierung

Individualisierung und Teamarbeit

Offenes Lernen, Binnendifferenzierung und Individualisierung sowie Teamarbeit sind zentrale Aspekte inklusiven Unterrichts.

Gemeinsames Lernen kann Normalität für alle Kinder herstellen, Vorurteile und Etikettierungen sowie soziale Benachteiligung vermeiden und Selbstbestimmung fördern. Daran hat sich die pädagogische Theoriebildung zu orientieren, das heißt, den Behinderungsbegriff, die Sonderpädagogisierung von Lernproblemen aufzugeben und pädagogisches Handeln auf das gemeinsame Lernen, die Förderung der Entwicklung, Identität und Autonomie aller Kinder zu richten.

Lernen am Modell

Lernen ist dann auch am positiven Modell des MitschülerInnenverhaltens orientiert. Das Lernen durch Beobachtung, Miterleben und Nachvollziehen hat gerade für Kinder mit beeinträchtigten und sozial erschwerten Entwicklungsverläufen einen hohen Stellenwert. Das Imitationslernen als Möglichkeit sozialen und kognitiven Lernens ist deshalb eines der wichtigsten Argumente für die Forderung nach integrativem Unterricht. Demgegenüber haben durch eine Zusammenfassung von gleichartig »Behinderten« die Betroffenen stark reduzierte Lern- und Entwicklungschancen.

Angstfreie Entfaltung

Integrative/inklusive Pädagogik und Didaktik implizieren einen veränderten Lernbegriff und eine andere Lernkultur. Der Unterricht wird vor allem durch das dialektische Verhältnis von Gleichheit und Differenz geprägt. Jede/r SchülerIn kann sich seinen/ihren Fähigkeiten und Möglichkeiten entsprechend entfalten, frei von Aussonderungsängsten und Sitzenbleiben. In diesem anthropologischen Verständnis kann es deshalb nicht länger Zielsetzung von Schule sein, dass sich sogenannte »Behinderte« an die Normen der »Nichtbehinderten« anzupassen haben, sondern, dass sie in ihrem Sosein und Anderssein anerkannt werden.

Gemeinsame Lernsituationen

In Integrationsschulen ist die Erfahrung gemacht worden, dass gemeinsames Lernen auch dann möglich ist, wenn nicht alle Kinder zur gleichen Zeit am gleichen Gegenstand lernen. Auch wenn sie in einem Klassenraum zeitgleich ganz unterschiedlichen Aktivitäten nachgehen, kann es zu einer Fülle wechselseitiger Begegnungen und Anregungen kommen (vgl. Literatur zum Uckermark-Schulversuch). Die langjährigen Erfahrungen mit integrativem Lernen zeigen außerdem, wie über eine offene, flexible, differenzierende Lehr-/Lernorganisation, das heißt über verschiedene Formen der inneren Differenzierung, (Binnendifferenzierung) die individuelle Lernfähigkeit von SchülerInnen hinsichtlich des Inhalts, des Schwierigkeitsgrades, des Umfangs, der Reihenfolge und zeitlichen Dauer einer Aufgabenstellung so berücksichtigt werden kann, dass, wie schon 1973 eine Bildungskommission des Deutschen Bildungsrates gefordert hatte, nicht jeder auf dem gleichen Wege und zur gleichen Zeit das gleiche Ziel erreichen muss. In der Verwirklichung zieldifferenten Lernens liegt die eigentliche Chance zur unterrichtlichen Integration/Inklusion begründet.

Gleiche Abschlüsse bei zieldifferentem Unterricht

Dies bedeutet jedoch als logische Konsequenz auch, dass in einer Klasse unterschiedliche Abschlüsse erlangt werden können, was jedoch bis heute nicht möglich ist. Nach Aussagen der KMK vom 20.10.2011 sind »individuelle Lernplanungen und Förderpläne für eine erfolgreiche inklusive Bildung unverzichtbar« (S. 10). Und: »Alle Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen haben in einem inklusiven Unterricht Anspruch auf Würdigung ihrer individuellen Leistungs- und Entwicklungsfortschritte« (S. 11). Bei Abschlüssen muss sich jedoch die Leistungsbewertung »[…] wegen des grundgesetzlich vorgegebenen Gleichbehandlungsgebots […] nach einheitlichen Kriterien richten« (S. 12). Der Widerspruch zwischen der Anerkennung individueller Leistungen und dem Gleichheitsgebot zeigt, dass die KMK die Vorgaben und rechtlichen Folgen der BRK nicht akzeptiert hat, denn die Anerkennung von Vielfalt einerseits und die gleiche Beurteilung andererseits, schließen sich aus. SchülerInnen mit sogenanntem sonderpädagogischem Förderbedarf können nicht mit anderen, sondern nur mit sich selbst verglichen werden, mit ihrem eigenen Lernfortschritt.

Verhältnis von Lehren und Lernen

Im Hinblick auf eine stärkere Binnendifferenzierung mit weitreichender Individualisierung ergeben sich im Gegensatz zur äußeren Fachleistungsdifferenzierung der frühen Gesamtschulen für den Unterricht zwei Grundformen der inneren Differenzierung, die jedoch miteinander kombiniert werden können: eine Differenzierung von Methoden und Medien bei gleichen Lernzielen und Lerninhalten für alle SchülerInnen einer Klasse oder aber eine Differenzierung im Bereich der Lernziele und Lerninhalte. Letztere wird in der Planung von traditionellem Unterricht im Allgemeinen nicht berücksichtigt oder angestrebt, faktisch entspricht sie aber der Unterrichtswirklichkeit und dem Lernverhalten der SchülerInnen, denn diese interessieren sich nicht alle für die gleichen Inhalte und erreichen auch nicht die gleichen Lernziele; das heißt, auch wenn LehrerInnen nicht geplant differenzieren, findet eine unbewusste Differenzierung durch die SchülerInnen statt, weil LehrerInnen mit ihren inhaltlichen Angeboten nicht alle SchülerInnen gleichzeitig ansprechen und erreichen, weshalb eine Gruppe von SchülerInnen von vornherein abschaltet, andere fühlen sich über- oder unterfordert und schalten dann ebenfalls ab. Es gibt also im Unterricht keine Entsprechung zwischen Lehren und Lernen. Das, was LehrerInnen lehren, lernen die SchülerInnen nicht zwingend. Wofür sich SchülerInnen interessieren, wofür sie aufnahmefähig sind, hängt von ihrer im Laufe der biografischen Entwicklung und Sozialisation ausgeprägten kognitiven Struktur ab. Das bedeutet, SchülerInnen lernen nur das, was zu dem im Laufe ihres Lebens ausgebildeten kognitiven System passt. Das heißt, Wissen, das sie nicht in bestehendes Vorwissen integrieren können, bleibt ungenutzt, wird nicht vernetzt, gelangt somit nicht zur Anwendung und führt deshalb zu sogenanntem trägem Wissen, das schnell wieder vergessen wird. Schulisches Lernen ist zwar angeleitetes Lernen, aber der Lernweg des Kindes wird nicht in erster Linie vom Lehrverhalten des Lehrers/der Lehrerin bestimmt. Was der/die Lernende wie lernt, ist von außen durch didaktisch-methodische Planung des Lehrers/der Lehrerin letztlich nicht steuerbar. Das Lernen des Schülers/der Schülerin ist also durch den Lehrer/die Lehrerin nur bedingt planbar, denn hier handelt es sich um einen innerpsychischen Prozess, den Lehrende nicht beobachten und nicht kontrollieren, sondern nur von außen anregen und unterstützen können.

Gestaltung von Lernsituationen

Wenn also das Lernen von SchülerInnen nicht einfach rezeptive Informationsverarbeitung, nicht nur eine Reaktion auf Lehren, sondern Selbsttätigkeit, Selbstorganisation, Selbstbestimmtheit darstellt, hat dies weitreichende Konsequenzen für Unterrichtsplanung und Diagnostik, denn die SchülerInnen gestalten ihren eigenen Lernprozess. LehrerInnen kommt dann »lediglich« die Aufgabe zu, Bedingungen für die Selbstorganisation des Lernens zu schaffen. Soll die Vielfalt der Vorerfahrungen, der Interessen, Wahrnehmungen und Denkstile in einer Lerngruppe zum Tragen kommen, dann sind eine Vielzahl von Lernmethoden und Lernmitteln erforderlich. Das heißt, die Lernsituationen müssen so komplex und anregend gestaltet werden, dass alle Kinder je nach individuellen Lernvoraussetzungen für sie wichtige Lernerfahrungen machen und eigene Wissenskonstruktionen bilden können. In diesem Verständnis von Lernen verändert sich die Rolle des Lehrers/der Lehrerin. Er/sie wird vor allem BegleiterIn und BeraterIn von Lernprozessen. Dadurch bieten sich ihm/ihr vielfältige Möglichkeiten das Lernverhalten der SchülerInnen zu beobachten sowie zu begutachten und so diagnostische Informationen zu gewinnen.

Konsequenzen für die Diagnostik

Diese kognitions- und lerntheoretischen Erkenntnisse haben weitreichende Konsequenzen für das diagnostische Handeln. Denn die traditionelle »sonder«-pädagogische Diagnostik kam als Defizitdiagnostik immer dann zum Zuge, wenn der »normale« Lernprozess gestört ist, das heißt, wenn SchülerInnnen mit der Aneignung der vom Lehrer/von der Lehrerin angebotenen Lerninhalte Probleme haben. Erst dann wurde der diagnostische Prozess in Gang gesetzt und nach Ursachen für die Aneignungsschwierigkeiten gesucht sowie die Frage der Sonderschulbedürftigkeit geprüft. Bei diesem Vorgehen ist die Diagnostik der Didaktik nachgeordnet. Diesem diagnostischen Verständnis liegt die Annahme zugrunde, dass LehrerInnen qua Lehrfunktion, gründlicher Vorbereitung und unterrichtlicher Erfahrung wissen, was für den »Normalschüler«/die »Normalschülerin« gut und richtig ist. Sie orientieren sich dabei am Durchschnittsschüler/an der Durchschnittsschülerin, den/die es aber, wie bereits dargestellt, in der Unterrichtswirklichkeit so nicht gibt. Dem gegenüber ist im modernen Verständnis von Lernen und Unterricht die Diagnostik der Didaktik vorgeordnet. Das heißt, die Lehrperson verschafft sich im Vorfeld des Unterrichts ein diagnostisches Bild vom Schüler/von der Schülerin, von der jeweiligen Herkunft und biografischen Entwicklung, der familiären Sozialisation und jener Wirklichkeitsbereiche, die das Lernverhalten bestimmen. Eine solche ökosystemische Sichtweise von Diagnostik ist eine verstehende, den Lernprozess begleitende Sichtweise von diagnostischem Handeln, in dem nicht die Frage der Selektion, sondern der Lernvoraussetzungen sowie der individuellen Förderung im Mittelpunkt stehen (vgl. Hildeschmidt, 2003). An dieser Stelle wird deutlich, dass Förderdiagnostik Lernprozessdiagnostik ist, denn es geht hier um eine langfristige Beurteilung und Beeinflussung von Lernprozessen, der Beobachtung des individuellen Lernverhaltens und der Lernstrategien in den verschiedenen Förderbereichen, zum Beispiel Wahrnehmung, Denken, Sensorik, Motorik, Emotionalität, Kommunikation, Lern- und Arbeitsverhalten, Sozialverhalten, Motivation (vgl. Mand, 2003, S. 39ff.).

Projektarbeit

Es liegt auf der Hand, dass Individualisierung und Selbstlernen vor allem ermöglicht werden können durch eine nicht lehrerzentrierte Pädagogik, das heißt durch Formen offenen, flexiblen, handlungsorientierten Unterrichts, insbesondere durch Projekte und Freiarbeit. Projektorientiertes Lernen kommt der Selbstorganisation und Selbststeuerung der SchülerInnen am stärksten entgegen. Die Themen sind meist der Lebenswirklichkeit entnommen und haben schon deshalb motivierenden Charakter. Projektthemen sind fächerübergreifend und erstrecken sich über mehrere Stunden oder Tage und die Kinder arbeiten in der Regel in Kleingruppen. Diese Organisationsform überlässt den SchülerInnen die Entscheidung, in welcher Gruppe und an welchem Teilthema sie mitarbeiten wollen. Innerhalb der Gruppenaufgaben können wiederum inhaltliche und methodische Einzelinteressen berücksichtigt werden.

Wochenplanarbeit

Wird freie Arbeit über Wochenpläne organisiert, ist darauf zu achten, dass produktives, kreatives Denken und Handeln der SchülerInnen und damit selbstgesteuertes Lernen nicht unterdrückt werden. Wird den SchülerInnen nämlich ein fertiges System von Inhalten, das heißt von Lernmitteln mit einem einzigen, von LehrerInnen vorgedachten Lösungsweg präsentiert, werden die Möglichkeiten der SchülerInnen zu eigenen Lernerfahrungen, Erkenntnissen, Wissenskonstruktionen und Interpretationen stark eingeschränkt.

Entdeckendes und handlungsorientiertes Lernen

In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass Lehrmittel und Arbeitsmaterialien, das heißt eine offen strukturierte multimediale Lernumgebung, die wichtigste Voraussetzung für Binnendifferenzierung sind. Offene Lernformen bieten zwar vom Ansatz her gute Möglichkeiten für selbst bestimmtes Lernen, sie bedürfen jedoch oftmals der Weiterentwicklung in Richtung entdeckendem, handlungsorientiertem Lernen und eigener Wissenskonstruktionen. Das Gleiche gilt für die im Unterricht verwendeten Medien.

Lernpsychologische Erkenntnisse

Darüber hinaus sollten im Hinblick auf das Lernen mit möglichst vielen Sinnen folgende lernpsychologische Erkenntnisse beachtet werden: Durch bloßes Lesen werden in der Regel nur 10 % behalten, durch Hören 20 %, durch Sehen bereits 30 %, durch Hören und Sehen schon 50 %, durch darüber sprechen jedoch 70 % und durch selbstständiges Handeln (Ausprobieren und Ausführen) sogar 90 %. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, durch Lernprozessbeobachtung oder durch einen Lerntypentest zu erfahren, wie SchülerInnen überwiegend lernen. Neurobiologische und lernpsychologische Erkenntnisse belegen, dass Menschen unterschiedliche Wahrnehmungskanäle bevorzugen, verbale, akustische, visuelle, taktile oder Kombinationen aus den verschiedenen Wahrnehmungsformen.

Interessen der SchülerInnen

Ein notwendiger Schritt zur Weiterentwicklung innerer Differenzierung ist im Hinblick auf inklusiven Unterricht das Prinzip des zieldifferenten Lernens. Aufgrund der gesellschaftlichen Veränderungen, der besonderen Lebensverhältnisse von SchülerInnen, der unterschiedlichen Sozialisationserfahrungen, Lebensstile und Interessen werden SchülerInnengruppen immer heterogener. Die zunehmende Pluralität wird noch verstärkt durch Migranten- und Flüchtlingskinder sowie durch Kinder mit individuellen und sozialen Benachteiligungen in inklusiven Klassen. Auf diese Vielfalt der SchülerInnenpersönlichkeiten muss die Schule angemessen reagieren. Will Pädagogik nicht wieder in den Fehler verfallen und bestimmte SchülerInnen auslesen, separieren und sortieren, dann muss das pädagogische Differenzierungsrepertoire erweitert werden. Es reicht nicht aus, inhaltlich, methodisch, medial und zeitlich zu differenzieren. Eine Pädagogik der Vielfalt ist ohne zieldifferentes Lernen nicht erfolgreich zu organisieren.

Spannungsverhältnis von Gleichheit und Differenz

In Inklusionsschulen ist es notwendig, die Prinzipien von Zielgleichheit und Zieldifferenz in ein sinnvolles Verhältnis zu bringen. Dieses polare Spannungsverhältnis ist eingebettet in die gesellschaftliche Grundproblematik von Gleichheit und Differenz. Jeder Mensch, jedes Kind hat ein Recht sowohl auf Gleichheit als auch auf Verschiedenheit.

Gemeinsames Lernen schaffen

Bildungstheoretisch formuliert heißt die Grundfrage: Wie kann man differenzieren/individualisieren, ohne die Gemeinsamkeit des Lernens aufzuheben? Erfahrungen aus integrativen Schulen zeigen, dass wesentliche Anleihen bei reformpädagogischen Konzeptionen, vor allem bei der Montessori-Pädagogik sowie beim projektorientierten Unterricht, integratives Lernen nachhaltig unterstützen. Andere Unterrichtsformen wie freie Arbeit, Wochenpläne, Stationen lernen, Freinet-Pädagogik, Theaterprojekte, Förderung in Kleingruppen, Patenmodell, SchülerInnen mit LehrerInnenfunktion (Mentorenrolle) und Elemente wie Morgen- und Abschlusskreis sind besonders geeignet, die herkömmliche Lernschule zu überwinden. Um im Gemeinsamen Unterricht individuelles Arbeiten zu ermöglichen, ist die Gestaltung des Klassenzimmers mit Arbeitsecken sowie vielfältigen, für die Binnendifferenzierung geeigneten Materialangeboten, Voraussetzung. Zu bevorzugen sind vor allem solche Lernmaterialien, die eine selbsttätige Lernerfolgskontrolle bieten. Binnendifferenzierung ist also der Versuch, Unterrichtsinhalte so anzulegen, dass deren erhoffte Wirkung alle SchülerInnen einer Lerngruppe anspricht/erreicht, indem möglichst unterschiedliche und vielfältige Methoden und Formen individueller Aneignung bereitgestellt werden.

Grundformen innerer Differenzierung

Prinzipiell kann man drei Grundformen innerer Differenzierung unterscheiden: erstens die Differenzierung nach Leistung, zweitens die Differenzierung nach Motivation, Interesse, Neigung und drittens die Differenzierung nach Methoden, Medien, Arbeitstechniken, Sozial- und Handlungsformen. Die drei Grundformen können/müssen miteinander gekoppelt werden. Sie orientieren sich an den Lernvoraussetzungen der SchülerInnen.

Differenzierung nach Leistung

Die Differenzierung nach Leistung, das heißt, die didaktische Differenzierung kann sowohl nach qualitativen Gesichtspunkten erfolgen (z. B. nach Schwierigkeitsgrad oder nach Lernhilfen) als auch nach quantitativen Aspekten (Umfang, Lernzeit), temporären Merkmalen (Reihenfolge und Zeitpunkt der Bearbeitung) oder inhaltlichen Gesichtspunkten (lernzielgleich, lernzieldifferent).

Differenzierung nach Motivation

Eine Differenzierung nach Motivation, Interesse und Neigung kann mithilfe folgender Unterrichtsformen durchgeführt werden: Tagesplan, Wochenplan, Freiarbeit, Lernstraßen, Projektunterricht, Wahlunterricht, Schülerexperten, Montessori- oder Freinet-Pädagogik.

Differenzierung nach Methoden, Medien und Aneignungsformen

Die Differenzierung nach Methoden, Medien, Sozial- und Arbeitsformen bezieht sich entweder auf unterschiedliche methodische Zugangsweisen, auf mehr selbstständiges oder mehr gelenktes Arbeiten, auf mehr anschaulich oder abstrakt organisiertes Vorgehen und auf eine mehr theoretisch oder mehr praktisch angelegte Lernform. Als Aneignungsformen (Sozial- und Arbeitsformen) kommen infrage: Unterrichtsgespräch, Stillarbeit, Einzelarbeit, Partnerarbeit, Kleingruppenarbeit, Spiel/Rollenspiel, Lernstationen Experiment, Lehrervortrag, Übungen oder eine lehrgangsartige Vorgehensweise.

Vermeidung von Unter-/Überforderung

Die Berücksichtigung des dialektischen Verhältnisses von Gleichheit und Differenz im integrativen Unterricht muss auf der Grundlage lernprozessdiagnostischer Erkenntnisse für jede Klasse und jedes Kind immer wieder neu und anders entschieden werden. Will man dabei Über- und Unterforderung vermeiden, wird es notwendig sein, im Sinne der konstruktivistischen Lerntheorie mit einzelnen Kindern zusammen immer wieder Möglichkeiten und Grenzen ihrer Lern- und Leistungsfähigkeit durch Beobachtung und Gespräche erfahrbar zu machen.

Rahmenbedingungen

Zu den Voraussetzungen für das Gelingen von gemeinsamem Lernen zählen neben offenen Lernformen und Binnendifferenzierung sowie Individualisierung eine gezielte Unterstützung individuell und sozial benachteiligter SchülerInnen durch ein Zwei- oder Mehr-LehrerInnen-System, eine verbale Beurteilung ihrer Leistungen, also Lernentwicklungsberichte, sowie eine generelle Begrenzung der Klassenfrequenz auf 20 Schüler.

Zu 4. Lehreraus-, Fort- und Weiterbildung sowie Rollenverständnis

LehrerInnen als Gelingensbedingung

Aufgrund meiner 40-jährigen Erfahrungen als Sonderschullehrer und als Hochschullehrer in der Lehrerausbildung stelle ich die Hypothese auf, dass Lehrerinnen und Lehrer, ihre Einstellung, ihr Verhalten, ihr Engagement sowie ihre Bereitschaft und Fähigkeit zur Kooperation, die wichtigsten Voraussetzungen für das Gelingen von Integration/Inklusion sind. Gemeinsamer Unterricht steht und fällt mit der LehrerInnenpersönlichkeit.

Lehrkraftbezogene Faktoren

Schon zu Beginn integrativen Lernens Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre stellten sich bezogen auf das Rollenverhalten der Lehrkräfte drei grundlegende Probleme: erstens die Veränderung der Einzelrolle von LehrerInnen zugunsten von Kooperation (Teamarbeit), zweitens das Sich-Einlassen auf individuell und sozial benachteiligte Kinder (ehemals Kinder mit »Behinderung« oder sogenannte I-Kinder), die zuvor auf Sonderschulen überwiesen werden konnten und drittens die veränderte Rollenfunktion von SonderschullehrerInnen, die keine eigene Klasse mehr in Alleinverantwortung führen konnten.

Kooperationsmodelle

Im Alltag integrativ arbeitender Schulen existierten je nach Modell und Bundesland unterschiedliche Kooperationskonzepte. In integrativen Klassen arbeitete zumeist eine weitere Grundschullehrerin bzw. ein Grundschullehrer oder ein Sonderschullehrer bzw. eine Sozialpädagogin mit. So konnte die individuelle Förderung von Kindern, differenziertes Lernen und die Arbeit in Gruppen besser realisiert werden. Im Uckermark-Schulversuch arbeitete zum Beispiel eine Sonderschullehrerin mit jeweils acht Stunden in drei verschiedenen Jahrgangsklassen. Neben der Doppelbesetzung gab es auch die zeitweise Besetzung mit Vertretern aller drei der genannten Berufsgruppen. Wichtig war in diesem Zusammenhang, dass das vorhandene Personal, je nach schulpolitischen, organisatorischen Möglichkeiten und pädagogischen Notwendigkeiten sowie situativen und individuellen Bedürfnislagen flexibel eingesetzt wurde. Eine starre und vor allem formale Festlegung hätte den Erfordernissen der Integrationspraxis widersprochen.

Hürden der
Kooperation

Die verschiedenen personellen Konstellationen beinhalten neben neuen Wegen der Lernorganisation auch kommunikative Schwierigkeiten. Denn den meisten Lehrerinnen und Lehrern, die jahrelang alleinverantwortlich unterrichtet haben, fällt es schwer, zu kooperieren. Die Gründe hierfür liegen darin begründet, dass sie nicht gelernt haben, in einem Unterrichtsteam zu arbeiten, aber auch in der Tatsache, dass sie auf unterschiedliche Institutionen bezogene Ausbildungsgänge absolviert, spezifische Handlungskompetenzen erworben und unterschiedliche Erwartungshaltungen internalisiert haben. Dies gilt in besonderer Weise für die Zusammenarbeit von Grund- und SonderschullehrerInnen. An diesem Punkt stellt sich die Notwendigkeit von obligatorischen Fortbildungsmaßnahmen für alle LehrerInnengruppen.

Probleme beim Einsatz von SonderpädagogInnen

Der Einsatz von SonderpädagogInnen ist in mehrfacher Hinsicht problembeladen. Ihre Rolle erfährt gegenüber dem traditionellen Handlungsverständnis die stärksten Veränderungen. SonderpädagogInnen haben im integrativen/inklusiven Unterricht keine eigene Klasse mehr. Sie sind außerdem oftmals nur stundenweise anwesend, sodass ihnen wichtige Unterrichtsabläufe, Vorhaben oder Lernprobleme nicht aus eigener Anschauung bekannt sind. Dennoch sollen sie GrundschullehrerInnen, ErzieherInnen und Eltern beraten sowie in der Klasse mitarbeiten, Lernschwierigkeiten diagnostizieren und Kinder mit spezifischen Bedürfnissen individuell fördern. SonderschullehrerInnen sehen sich aber von ihrer Ausbildung her nur bedingt in der Lage, diesen an sie gerichteten Ansprüchen zu genügen. Die zu hohen Erwartungen an die Fachkompetenz von SonderpädagogInnen führten außerdem zu der Konsequenz, dass GrundschullehrerInnen und ErzieherInnen vielfach dazu neigten, ihre Zuständigkeit und Verantwortung für Kinder mit Lern- oder Verhaltensproblemen an SonderschullehrerInnen abzutreten, statt sich dieser Aufgabe selbst zu stellen und sich dadurch zusätzliche pädagogische Kompetenzen durch Fort- und Weiterbildung anzueignen.

Basiswissen
aneignen

Dies kann beispielsweise auch durch ein Selbststudium und Aneignung von Basiswissen geschehen, das heißt durch die Beschäftigung mit Literatur zu den verschiedenen individuellen Beeinträchtigungen/Behinderungen (vgl. z. B. Eberwein & Knauer, 2003b).

Ambulanzlehrkräfte

Probleme von vor 30 Jahren sind offenbar auch heute noch die gleichen. Denn Förderschullehrkräfte aus dem Beratungs- und Förderzentrum (BFZ) unterrichten zum Beispiel in Hessen in mehreren Klassen an verschiedenen Schulen nur wenige Stunden in der Woche bei einem Schüler/einer Schülerin. Die GEW kritisiert zu Recht, es sei ein falsches Konzept, Inklusion über ein BFZ zu regeln. FörderschullehrerInnen müssen in inklusiven Schulen Mitglied des Kollegiums sein.

Sonderpädagogische Kompetenz als Wahloption in der Regelschulehrer-
bildung

Ich habe 2002 in dem Handbuch Integrationspädagogik gefordert, dass während der Ausbildung aller Lehrkräfte schon in der ersten Phase Grundwissen über das gemeinsame Lernen und den Umgang mit heterogenen Lerngruppen vermittelt wird. Auch die im Rahmen der bisherigen sonderpädagogischen Fachrichtungen »Lernbehinderten«- und »Verhaltensgestörten«-Pädagogik gesammelten Wissensbestände sollten zum Basiswissen aller Lehrerinnen und Lehrer an allgemeinen Schulen gehören. Alle anderen, in der bisherigen Sonderpädagogik angebotenen Studienschwerpunkte, zum Beispiel für nicht sehende oder nicht hörende Kinder, müssten als reguläres Wahlfach im Rahmen des allgemeinen Lehramtstudiums studiert werden können. Nur auf diese Weise könne gewährleistet werden, dass alle LehrerInnen die erforderlichen Ausbildungsvoraussetzungen mitbringen, um der schwierigen Aufgabe des Gemeinsamen Unterrichts in Regelschulen gerecht zu werden. Wenn dies gelingt, werden Sonderschulen überflüssig und Ausgrenzung, Stigmatisierung sowie Diskriminierung könnten dadurch überwunden werden.

Pflichtveranstaltung zum Gemeinsamen Unterricht

Die FU Berlin hat dieses Ziel als erste Universität in Deutschland schrittweise erreicht. Nachdem das Institut für Sonderpädagogik 1994 an die HU in Berlin verlagert wurde und mein Lehrstuhl für den neu eingerichteten Arbeitsbereich Integrationspädagogik umdefiniert worden ist, konnten Frau Knauer und ich in einem Gespräch mit dem zuständigen Referenten in der Senatsschulverwaltung erreichen, dass alle Lehramtsstudierenden eine Pflichtveranstaltung zur Integrationspädagogik besuchen mussten. Dies war ein erster, wenn auch unzulänglicher Schritt in die richtige Richtung. Jedoch war dies angesichts der damals noch in den Anfängen steckenden Integrationsentwicklung ein wichtiges Signal und eine bedeutsame Weichenstellung hin zu einer Reform der SonderschullehrerInnenausbildung. Bis zu einem weiteren und entscheidenden Schritt vergingen 20 Jahre.

Integration der sonderpädagogischen Inhalte als Wahlfach

Andere KollegenInnen sowie Arbeitskreise, Verbände und die GEW konnten 2014 erreichen, dass es in Berlin ab dem Studienjahr 2015/16 kein Studium der Sonderpädagogik mehr gibt. An dessen Stelle können statt eines Wahlfaches zwei ehemalige sonderpädagogische Fachrichtungen (Förderschwerpunkte) studiert werden. Außerdem müssen alle Lehramtsstudierenden Grundwissen im Umgang mit Heterogenität und Differenzierung erwerben, wobei beide Qualifikationsmerkmale nur begrifflich getrennt werden können, inhaltlich jedoch ist Differenzierung die Konsequenz von Heterogenität. Es wäre deshalb sinnvoller gewesen, Grundlagen im Bereich »Diagnostik« als Kompetenzerwerb zu fordern.

Abschaffung des Begriffs Sonderpädagogik

Nach der Abschaffung des Studiums für das Lehramt an Sonderschulen hat die Sonderpädagogik als Bezugswissenschaft zumindest begriffstheoretisch ihre Berechtigung verloren. An ihre Stelle ist die Inklusionspädagogik getreten, die das wissenschaftliche Erbe der Sonderpädagogik übernommen hat. Insofern ist es hinsichtlich der Begriffsverwendung nicht konsequent, wenn das Land Berlin das eigenständige Studium für das Lehramt an Sonderschulen abschafft, aber ein Wahlfach durch zwei »sonder«-pädagogische Fachrichtungen, statt durch inklusionspädagogische Schwerpunkte ersetzt. Ich plädiere dafür, den Begriff »Sonderpädagogik« zu eliminieren, da er für Aussonderung steht.

Langsame Entwicklungen

Auch in den Bundesländern Brandenburg und Saarland ist das SonderschullehrerInnenstudium eingestellt worden. An den anderen Universitäten/Hochschulen soll »Sonderpädagogik« als eigenständiges Lehramt offenbar erhalten bleiben. Damit beginnt eine neue Ära im Rahmen der Lehrerbildung der Nachkriegszeit; gleichzeitig wird dadurch die BRK in einem zentralen Punkt umgesetzt. Die ersten AbsolventInnen des neuen LehrerInnentyps werden jedoch nicht vor 2020 zur Verfügung stehen, und stammen dann erstmal nur aus einem kleinen Teil der Bundesländer. Die bisherige Schulpraxis aus LehrerInnen verschiedener Lehrämter wird sich also über längere Zeit nur wenig und sehr langsam verändern.

Stärken und Schwächen der Teammitglieder akzeptieren

Die Kooperation von PädagogInnen mit unterschiedlichen Ausbildungsschwerpunkten bedarf im Hinblick auf die Förderung aller Kinder besonders klarer Rollenabsprachen und wechselseitiger Kompetenztransfers sowie der Bereitschaft zur gemeinsamen Reflexion der Kooperationsprozesse. Teil des Selbstverständnisses von LehrerInnen in Integrations-/Inklusionsschulen muss es deshalb sein, die jeweiligen fachspezifischen Schwerpunkte, die Vorlieben und Interessen für bestimmten Unterricht, aber auch die eigenen Stärken und Schwächen gegenseitig zu akzeptieren und zu tolerieren. Der Sonderpädagoge/die Sonderpädagogin ist nicht mehr und nicht weniger »SpezialistIn« als jeder andere Lehrer/jede andere Lehrerin auch. Insofern sollte er/sie in einem funktionierenden Team gleichermaßen auch die Rolle eines Klassenlehrers oder Fachlehrers/einer Klassenlehrerin oder Fachlehrerin übernehmen können bzw. die Aufgaben sollten gemeinsam und kooperativ bewältigt werden (vgl. Obolenski, 2006). Die genannten Prozesse sind oftmals mit Vorbehalten, Unsicherheiten, Ängsten und Antipathie verknüpft. Wenn aber die konkreten Erfahrungen, Beziehungen und Schwierigkeiten in Supervisionsgruppen auf der Ebene der Selbsterfahrung bearbeitet werden, liegt darin eine Chance zur persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung aller beteiligten Lehrpersonen (vgl. Ziebarth, 2009).

Ausstattung der Schulen

Die Arbeitsbedingungen für LehrerInnen und der Erfolg ihrer pädagogischen Tätigkeit hängen wesentlich von den Voraussetzungen ab, die sie in den Schulen vorfinden. Seit jeher klagen Lehrerinnen und Lehrer zu Recht über die unzulängliche Ausstattung der Schulen mit Lehrkräften, Arbeits- und Lernmaterialien sowie einem eigenen fehlenden Etat zur Finanzierung nicht vorhergesehener zusätzlicher Kosten, zum Beispiel um personelle Engpässe überwinden oder größere Anschaffungen ermöglichen zu können.

Veränderung der Rahmenbedingungen

Aufgrund gesellschaftlicher Entwicklungen und Veränderungen in den letzten Jahren und Jahrzehnten sind Lehrerinnen und Lehrern immer wieder neue Aufgaben- und Themenbereiche aufgebürdet worden. Nun kommt als zusätzliche Herausforderung der inklusive Unterricht hinzu. Ich halte die erhöhten Belastungen für Lehrkräfte nur für leistbar, wenn sie in der Schulpraxis Unterstützung durch mehr LehrerInnen sowie nicht lehrendes Personal und durch Stundenermäßigung sowie Reduzierung der SchülerInnenfrequenz erfahren, zumal die Kultusministerkonferenz (KMK) und die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) in einer gemeinsamen Empfehlung vom März 2015 »Zur Lehrerbildung für eine Schule der Vielfalt« folgende Aufgaben und hohen Erwartungen formuliert haben: »Die Gestaltung von Schulen, in denen Vielfalt als Normalität und Stärke anerkannt und wertgeschätzt wird, ist eine Aufgabe der Lehrerinnen und Lehrer aller Schulen. Lehrkräfte benötigen professionelle Kompetenzen, um besondere Begabungen oder etwaige Benachteiligungen, Beeinträchtigungen und andere Barrieren von und für Schülerinnen und Schüler zu erkennen und entsprechende pädagogische Präventions- und Unterstützungsmaßnahmen zu ergreifen. Die Kooperation und Kommunikation der Lehrkräfte der verschiedenen Lehrämter, aber auch die darüber hinausgehende multiprofessionelle Kooperation erlangen dabei zunehmend Bedeutung« (S. 2).

Zu 5. Rahmenbedingungen von Schule – Inklusion heute

Personelle und materielle Ausstattung

Mit der BRK ist seit 1945 die größte bildungspolitische Reform des Schulwesens in Deutschland in Kraft getreten. Es handelt sich um einen grundlegenden Paradigmenwechsel, den die Länder und Gemeinden im Gegensatz zur schulischen Integration vor Inkrafttreten der BRK nicht mehr mit dem Argument erschweren oder verhindern können, dass dafür die Rahmenbedingungen nicht geschaffen werden könnten. Diese Haltung widerspräche dem Grund- und Menschenrecht auf inklusives Lernen und entsprechenden organisatorischen Strukturen. Bund, Länder und Gemeinden sind völkerrechtlich verpflichtet, ein inklusives Bildungssystem zu finanzieren. Die Verwirklichung einer »qualitativ hochwertigen inklusiven Schule« (KMK) ist aber nur möglich, wenn diese entsprechend personell und materiell ausgestattet ist. Kapazitäts- und Finanzierungsvorbehalte sind in diesem Zusammenhang nicht mehr zulässig.

Die hohen Ansprüche und Forderungen aus der BRK sind jedoch nur die eine Seite, die Realität, die Veränderung von Schule, ein Aktionsplan der Schulverwaltung, die andere Seite.

Veränderung der LehrerInnenbildung

In meinen Veröffentlichungen und Vorträgen in den 80er und 90er Jahren hatte ich immer wieder dargelegt, dass Schulreformen mit der Ausbildung der Lehrkräfte beginnen. Nur wenn die Lehrerinnen und Lehrer rechtzeitig auf die neue Schulwirklichkeit vorbereitet und entsprechend ausgebildet werden, sind sie in der Lage, die neuen Anforderungen zu bewältigen. Dieser Grundsatz wurde bereits bei der Einführung von Gesamtschulen in den 60er und 70er Jahren missachtet und führte damals zu schweren Belastungen der Lehrkräfte und zu gesellschaftspolitischen Konflikten.

Umsetzungsprobleme

Im Zusammenhang mit den verschiedenen Förderbedarfen der SchülerInnen in allgemeinen Schulen ist auch jetzt der rechtzeitigen Qualifizierung von Lehrkräften nicht die entsprechende Priorität eingeräumt worden. Dieser Tatbestand führe unter anderem dazu, dass es, wie eine Online-Umfrage in NRW zeigt, aus den Regelschulen eine »kontinuierliche Exklusion« gibt (vgl. Irle, 2016, S. 38). Der NRW-Landesvorsitzende des Verbandes Sonderpädagogik nannte als Grund für das Abbrechen des gemeinsamen Lernens zum einen ein »Zeichen von Enttäuschung bei den Kindern und Eltern«, zum andern sei dies auf die »unzureichende Qualitätsdiskussion« zurückzuführen. Außerdem: Sonderpädagogische Fachkräfte erhielten vom Schulministerium »zu wenig Unterstützung für ihre Rolle in inklusiven Settings«. Kritisiert wird auch, dass zum Beispiel die Idee der Landesregierung in NRW »durch den Transfer sonderpädagogischer Kompetenz, die Regelschulen zu stützen und gleichzeitig ein hochwertiges Angebot an den Förderschulen zu erhalten, nicht funktioniere.«

Schließung der Sonderschulen

Es ist nach wie vor unverständlich, dass die Forderung, die ich vor 25 Jahren aufgestellt hatte, in einem sukzessiven Prozess Sonder- bzw. Förderschulen zu schließen und gleichzeitig deren Ressourcen an allgemeine Schulen zu transferieren, bis heute nicht realisiert worden ist, obwohl die Anerkennung von Inklusion als Normalität und Aufgabe aller LehrerInnen und aller Schulen amtlich nicht mehr infrage gestellt wird. In dem Beschluss der KMK vom 20.10.2011 zur »Inklusive[n] Bildung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in Schulen« findet sich jedoch keinerlei Bezugnahme auf das Problem der Kompetenz- und Ressourcenverlagerung.

Eingeschränkte Barrierefreiheit

Am 13.01.2016 ist von der Bundesregierung eine Reform des Behindertengleichstellungsgesetzes beschlossen worden. Danach soll der Bund verpflichtet werden, bei Neu- und Umbauten auf barrierefreien Zugang zu achten. Für bereits bestehende Gebäude werden jedoch keine Nachbesserungen verlangt. Und für die Privatwirtschaft soll das Gesetz nicht gelten. Die Bundesbehindertenbeauftragte, Verena Bentele, kritisierte deshalb, dass weder Arztpraxen noch Kneipen aufgefordert werden könnten, etwa für Rollstuhlfahrer, Eltern mit Kinderwagen oder Menschen mit Sehbehinderung gleichermaßen zugänglich zu sein (Bentele, 2016). Und in der Stadt Wiesbaden zum Beispiel, die seit drei Jahren »Modellregion für Inklusion« ist, wurden bisher lediglich sechs Vollzeitstellen für Inklusionskräfte eingerichtet und keine Gelder für weitere sozialpädagogische Fachkräfte genehmigt (Leubner, 2016).

Erhalt der Sonderschulen als Selektionseinrichtungen

An dieser Stelle ist angesichts der dargestellten Beispiele für Schwierigkeiten, die Regierungen und Schulbehörden bei der Umsetzung der Inklusion aufbauen, zu fragen, inwieweit hier wirtschaftliche Interessen und eine neoliberale Politik mit dem Ziel Einfluss zu nehmen, die Sonder- bzw. Förderschulen für Beeinträchtigte, Leistungsschwache, sozial Benachteiligte, Arme und wirtschaftlich Unbrauchbare als politisch gewollte Bildungseinrichtung im Sinne eines Selektionsinstruments zu erhalten? Es ist außerdem festzustellen, dass reiche, bei Kapitaleinkünften und Erbschaften steuerbegünstigte Oberschichtangehörige ihre Kinder zunehmend in Privatschulen schicken. Und wenn man bedenkt, dass im Bundestag in Berlin dreimal so viel Firmenlobbyisten als Abgeordnete tätig sind, dann wird deutlich, wie in einem kapitalistischen System die politischen Entscheidungsprozesse ablaufen. Die Frage ist deshalb berechtigt, ob es in einem exkludierenden System unter Beibehaltung der strukturellen gesellschaftlichen Bedingungen gegen »Praktiken einer vom ökonomischen Nutzenkalkül beherrschten Gesellschaft« überhaupt pädagogische Möglichkeiten/Mittel geben kann, Inklusion im Sinne der BRK um- und durchzusetzen (vgl. Kluge et al., 2015, S. 10).

Inklusion als
Querschnittsthema

Die Inklusion soll im Rahmen der Ausbildung von Lehrkräften als Querschnittsthema und Basisqualifizierungs-Modul in den Bereichen Erziehungswissenschaften, Fachdidaktiken und Fachwissenschaften an den lehrerbildenden Universitäten implementiert werden. KMK und HRK erwarten deshalb, dass in allen lehramtsbezogenen Studiengängen für alle Schularten und Schulstufen die Lehrkräfte in Kooperation auf einen »konstruktiven und professionellen Umgang mit Diversität« vorbereitet werden (ebd., S. 2). Neben Inklusion und Heterogenität ist deshalb der Begriff »multiprofessionelles Team« der in neueren Veröffentlichungen und Konzepten am meisten verwendete Begriff. Dies nicht zu Unrecht, da das bisherige Rollenverhalten, das berufliche Selbstverständnis von Lehrerinnen und Lehrern, durch Teamarbeit und Kooperation mit anderen Fachkräften wie SozialpädagogInnen, SchulsozialarbeiterInnen, PsychologInnen, ErgotherapeutInnen, LogopädInnen sowie InklusionshelferInnen und anderen MitarbeiterInnen abgelöst wird.

Inklusionsverständnis der Hochschulen

Der Begriff und das Verständnis von Inklusion werden jedoch unterschiedlich definiert, je nach Ausgangsposition und beruflichem Aufgabenverständnis. Anlässlich einer Befragung zum Monitor Lehrerbildung haben von 16 Hochschulen 14 einen weiten Inklusionsbegriff befürwortet, der die von der BRK genannten Heterogenitätsdimensionen im Bildungsbereich umfasst, während zwei andere Hochschulen das Inklusionsverständnis auf »Behinderungen« beschränken wollen (Monitoring Lehrerbildung, 2015, S. 6). Im letzteren Falle besteht die Gefahr, dass Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf im Sinne der traditionellen Behindertenpädagogik nur auf ein einziges Persönlichkeitsmerkmal reduziert werden, das absolut gesetzt wird. Die ökosystemische Sichtweise, das heißt das Eingebundensein in verschiedene Wirklichkeitsdimensionen, die frühkindliche, familiäre und schulische Sozialisation, die Entwicklung, die lebensweltlichen Erfahrungen, die soziale Benachteiligung, die Zuschreibungsprozesse, die Stärken und Schwächen geraten dabei aus dem Blick. Integratives Handeln basierte immer schon auf den genannten Konnotationen, also einer ganzheitlichen, multifaktoriellen Darstellung individueller Eigenheiten und Besonderheiten.

Diversitätsdimensionen

Es gibt jedoch verschiedene Dimensionen von Diversität. Neben den »Behinderungen« im Sinne der BRK sind auch spezifische Ausgangsbedingungen wie zum Beispiel soziale und ökonomische Lebensverhältnisse oder kulturelle und religiöse Orientierungen gemeint, die zu Diskriminierungen führen können. Hierbei handelt es sich aber um Diversitätsdimensionen, die nicht explizit im Zusammenhang mit »Behinderung« und Schule stehen, von einigen ErziehungswissenschaftlerInnen jedoch dazu benutzt werden, um einen vermeintlichen inhaltlichen Unterschied zwischen Integration und Inklusion zu konstruieren.

Herausforderung Förderalismus

Die Bundesregierung bzw. die damalige Beauftrage des Bundes für die Belange von Menschen mit Behinderung, Evers-Meyer, hatte 2009 die BRK für die Bundesrepublik in New York unterschrieben. Aufgrund der föderalen Struktur sind jedoch weniger der Bund als vielmehr die 16 Bundesländer in der Pflicht, die Vereinbarung umzusetzen. Aufgrund des Kulturföderalismus sind aber die Bundesländer im Bereich Schule und Bildung unabhängig und eigenständig. Es existiert diesbezüglich sogar ein Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern, was im Hinblick auf die Umsetzung von Inklusion besonders unverständlich und im Hinblick auf eine Zusammenarbeit in hohem Maße hinderlich ist. Die Tatsache, dass Frau Schavan als Kultusministerin in Baden-Württemberg gegen eine Kooperation votierte, als Bundesbildungsministerin diese aber befürwortete, macht deutlich, welche Handlungsmotive bei solchen Entscheidungen im Spiele sind. Die politische Struktur unseres Schul- und Bildungswesens hat zur Konsequenz, dass jedes Bundesland seine eigene Schul- und Bildungspolitik bestimmt und gestaltet, die wesentlich von der politischen Parteizugehörigkeit der jeweiligen Landesregierung abhängig ist. So setzt jedes Land eigene Akzente und Schwerpunkte und entwickelt entsprechend schulpolitische Leitlinien und Konzepte wie Bildungsziele, Lehrpläne und Unterrichtsformen. Wie auf diesem Hintergrund ein relativ einheitliches und homogenes inklusives Schulsystem entstehen kann, ist offen. Vielleicht hat die Kultusministerin von NRW, Löhrmann, Recht, wenn sie feststellt, Inklusion sei eine Generationenaufgabe.

KMK-Empfehlungen als kleinster gemeinsamer Nenner

Die bisherigen Erfahrungen hinsichtlich der Kooperation der verschiedenen Bundesländer im Bildungsbereich zeigen, dass die wenigen KMK-Beschlüsse und Empfehlungen seit Bestehen dieser Einrichtung jeweils nur auf dem geringsten gemeinsamen Nenner zwischen den sogenannten A- und B-Ländern zustande kamen und dementsprechend kaum schul- und bildungspolitische Veränderungen zur Folge hatten. Der Beschluss der KMK von 2011 bestätigt diese Skepsis. 2014 kritisierte die UNESCO, im deutschen Bildungssystem komme die Inklusion nur langsam voran. Sie forderte die Bundesländer deshalb auf, einen Aktionsplan zur Umsetzung von inklusiver Bildung gemeinsam mit der Bundesregierung, den Kommunen, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft zu entwickeln. Und die Monitoring-Stelle des Deutschen Instituts für Menschrechte kritisierte anlässlich des Tags für die Menschen mit Behinderung am 03.12.2015, dass der Entwurf des Nationalen Aktionsplans der Bundesregierung zur Umsetzung der BRK »sehr enttäuschend« sei; er sollte deshalb »intensiv« überarbeitet werden. Im Mai 2015 habe die UN in ihren »Abschließenden Bemerkungen« im Anschluss an die Staatenprüfung beanstandet, »dass Deutschland die Rechte von Menschen mit Behinderungen nicht ausreichend achte« (Deutsches Institut für Menschenrechte, 2015).

Entwicklung in den Bundesländern

Ein Blick auf den Stand der Schul- und Inklusionsentwicklung in den einzelnen Bundesländern zeigt ein sehr uneinheitliches Bild. Auffällig ist, dass in den meisten Ländern noch ein viergliedriges Schulsystem existiert (die Tendenz geht jedoch zu einem zweigliedrigen System), das ein differenziertes Sonder- bzw. Förderschulwesen einschließt. Es gibt jedoch in verschiedenen Schulformen Möglichkeiten zu inklusivem Lernen sowie zieldifferentem Unterricht und allgemeine Schulen mit FörderschullehrerInnen. In den meisten Bundesländern hat das gemeinsame Lernen Vorrang vor einer Sonderbeschulung. Die Organisationsstrukturen im Bereich der Sonderpädagogik sind ebenfalls sehr unterschiedlich. Sie reichen von Sonderschulen, Außenklassen, Diagnoseförderklassen, über Spezialzentren, Förder- und Beratungszentren, Förderschulen als Förderzentren ohne SchülerInnen, mobilem sonderpädagogisch-diagnostischem Dienst, Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs, bis zu Schulversuchen.

Jakob-Muth-Preis

Seit 2009 werden bestimmte Inklusions-Schulen mit dem Jakob-Muth-Preis ausgezeichnet. Es handelt sich vor allem um Grundschulen, zumeist als offene oder gebundene Ganztagsschulen sowie um die beiden integrierten Gesamtschulen in Hannover-Linden und Kassel-Waldau, die in den Pisa-Untersuchungen zu den besten Schulen in der Bundesrepublik zählten. 2016 soll ein Gymnasium den Preis erhalten. Das Studium dieser Schulkonzepte ist informativ, anregend und ermutigend (vgl. Döttinger & Hollenbach-Biele, 2015). Einige Stichworte sollen auf die Besonderheiten dieser Schulen und eine neue Lernkultur hinweisen: Vernetzung der Schulen im Stadtteil; Beteiligung an Straßenfesten, Kooperationspartner innerhalb der Gemeinde; Zusammenarbeit mit logopädischer Praxis; Eltern bieten AGs an; Vorhandensein von Mensa und/oder Cafeteria; rhythmisierter Tagesablauf; jahrgangsübergreifendes Lernen; festes Kooperationsteam aus GrundschullehrerInnen, SonderpädagogInnen und ErzieherInnen; SchulsozialarbeiterInnen; Kinderparlament; Lerntagebuch; kompetenzorientierte Curricula; ältere SchülerInnen übernehmen Patenschaften für ErstklässlerInnen; Kinder arbeiten anhand von vorbereiteter Lernumgebung und gut organisiertem Material selbstständig und handlungsorientiert; ausführliche Eingangsdiagnostik; freiwillige Präsenz von LehrerInnen von 7.30 Uhr bis 16.00 Uhr; Zusammenarbeit mit umliegenden Kitas, deren Kinder in die kooperierende Schule aufgenommen werden. Die Zusammenarbeit mit integrativ arbeitenden Kitas ist auch deshalb wichtig, da die Kinder in diesem Alter Kindern mit einer sogenannten Behinderung zumeist vorurteilsfrei und unbefangen begegnen sowie Anderssein als normal empfinden. Dies ist eine wichtige Erfahrung für den sich anschließenden Umgang mit Kindern im Schulbereich und für ihr weiteres Leben.

LehrerInnenbildung

Wie schon an anderer Stelle betont, ist die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften der erste und wichtigste Schritt zur Verwirklichung gemeinsamen Lernens. Durch die zunehmende inklusive Beschulung hinkt sie jedoch der Inklusionsentwicklung weit hinterher, was vor allem damit zu tun hat, dass seitens der KMK sowie der Bundesländer wenig Entscheidungsinteresse und Bereitschaft zu strukturellen schulischen Veränderungen konstatiert werden kann.

Einstellungen von Lehrkräften

Die mangelnde inklusionspädagogische Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern korrespondiert mit der Ablehnung des Gemeinsamen Unterrichts aufgrund von Informationsdefiziten sowie Ängsten vor Überforderung und innerer Ablehnung von Kooperation in Inklusionsschulen. In einer Forsa-Umfrage (vgl. Kramer, 2015) hält die Mehrheit der Lehrerinnen und Lehrer gemeinsames Lernen für eine gute Idee, vorausgesetzt, dass die Schulen ausreichend mit Geld und Personal ausgestattet werden. Selbst unter diesen Umständen sind jedoch noch 41 % der Lehrkräfte gegen eine inklusive Beschulung. An Schulen mit Inklusionsklassen gibt es dagegen eine hohe Zustimmung der Lehrerinnen und Lehrer. Dort halten 65 % Gemeinsamen Unterricht für sinnvoll. Unter GrundschullehrerInnen liegt die Befürwortung sogar bei 73 %. Offensichtlich sind praktische Erfahrungen und sachliche Informationen ein sehr wichtiger Faktor gegenüber Einstellungen zur Inklusion. Auch deshalb sind längere und häufigere Praxisphasen (Praktika und Hospitationen) während der LehrerInnenausbildung eine zwingende Notwendigkeit.

Sicht der Eltern

Im Gegensatz zum Selbstbild der LehrerInnen fällt das Fremdbild durch die Eltern positiv aus. Wie Klemm (2015b) in einer von infratest dimap im Februar 2015 durchgeführten Elternbefragung zeigen konnte, bescheinigen die Eltern den Lehrkräften ihrer Kinder zu 75 % eine gute Arbeit, wobei die Eltern von Kindern an Inklusionsschulen in größeren Teilen zufrieden sind als dies bei Eltern ohne schulische Inklusionserfahrung der Fall ist. Die Befragung ergab auch, »dass die Mehrheit der Eltern Inklusion einerseits als wichtig für die Gesellschaft einschätzt und andererseits daran zweifelt, dass alle Schüler inklusiv am besten lernen« (2015, S. 7). Dieses Ergebnis wirft die Frage auf, inwieweit es pädagogisch sinnvoll und geboten erscheint, Kinder mit einem selten vorkommenden Handicap und speziellem Unterstützungsbedarf, zum Beispiel bei einer geistigen oder Sinnesbeeinträchtigung, diese in Schwerpunktschulen inklusiv zu unterrichten. Solche Entscheidungen müssen vor Ort unter Berücksichtigung der je spezifischen individuellen, sozialen und lokalen Bedingungen entschieden werden.

Fortbildung der Lehrkräfte

Aufgrund des Auseinanderklaffens von Inklusionsschulen einerseits und mangelnder Qualifizierung von Lehrkräften andererseits hat die Fort- und Weiterbildung enorme Bedeutung gewonnen. Hier wird man sich anstelle eines abgestuften, aufeinander aufbauenden integrierten Konzepts von erster, zweiter und dritter Phase der Ausbildung für längere Zeit mit additiv erworbenen Kompetenzen zufriedengeben müssen. Nach Amrhein und Badstieber (2013) gibt es in den einzelnen Bundesländern ganz unterschiedliche Strategien zur Implementierung des Themas in die Fortbildung und zur strukturellen Ausgestaltung der Maßnahmen. Nach ihrer Erfahrung sind Professionalisierungsmaßnahmen im Bereich Inklusion besonders dann, wenn sie als Schulentwicklungsvorhaben angelegt sind, wirksam und nachhaltig. Wichtig ist dabei, dass sich alle Berufsgruppen, die an einer Schule arbeiten, als multiprofessionelles Team verstehen. Eine spiralförmige Struktur aller Fortbildungsmaßnahmen, das heißt einen Wechsel aus Theorie, Praxis und Reflexionsphasen hat sich dabei als besonders effektiv erwiesen (vgl. ebd., S. 22).

Ressourcen-Etikettierungs-Dilemma

Was die Zunahme inklusiver Beschulung in Deutschland bezogen auf das Schuljahr 2013/14 angeht, so lag nach einer Studie von Klemm (2015a) der Inklusionsanteil deutschlandweit bei 31,4 %. Dabei gibt es wie schon zu Beginn der Integrationsentwicklung auch heute noch ein Ost-West- sowie ein Nord-Südwest-Gefälle. Klemm betont, dass seine bildungsstatistischen Analysen gezeigt haben, dass nicht der realisierte Inklusionsanteil, sondern die Exklusionsquote der aussagekräftigere Indikator sei. So lernen zum Beispiel in Bremen nur noch 1,9 % exklusiv in Förderschulen, in Schleswig-Holstein, 2,4 %, in Berlin 3,4 %, in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt jedoch jeweils noch 6,8 %. Klemm stellt fest, dass vermehrtes inklusives Unterrichten bisher kaum zu einem Rückgang des Unterrichts in Förderschulen geführt habe. Den Anstieg der Inklusionsquote führt er unter anderem darauf zurück, dass bei mehr Kindern und Jugendlichen ein sonderpädagogischer Förderbedarf diagnostiziert worden sei. Die Inklusionsanstrengungen der letzten Jahre seien damit »weitgehend verpufft«. Bei dem parallelen Ansteigen von Inklusion und Exklusion kommt das sogenannte Etikettierungs-Ressourcen-Dilemma ins Spiel, das heißt, da die Ressourcenverteilung an die Zahl der SchülerInnen mit »sonder«-pädagogischem Förderbedarf gekoppelt ist, werden in allgemeinen Schulen zusätzliche Förderbedarfe diagnostiziert, um so die Zahl der Lehrstellen zu erhöhen (Klemm, 2015a, S. 39).

Inklusion als Mittelschichtsphänomen

Johannes Mand, Sonderschul- und Hochschullehrer, weist noch auf ein anderes Problem hin. Er spricht im Hinblick auf Inklusion von einer Zweiklassenpädagogik, die vorgebe, für Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu kämpfen, aber gleichzeitig zulasse, dass Verlierer des Bildungswesens an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. Da die Förderschulzahlen trotz zunehmender Tendenz zur Inklusion seit Jahren fast unverändert seien, zeige, dass die Inklusionsschulen keine Schulen für alle Kinder seien. Es gebe zwei Schultypen, Inklusionsschulen mit leicht behinderten Kindern sowie Problemkindern der Mittel- und Oberschicht und Förderschulen für schwerer Behinderte sowie für Kinder der Armen und Migranten (vgl. Mand, 2015).

Welche zukünftigen Herausforderungen sehen Sie für die Praxis?

Es gibt nach meiner Auffassung im Wesentlichen vier herausragende, politisch motivierte Problemstellungen, die die weitere Diskussion und Inklusionsentwicklung maßgeblich bestimmen werden:

Lehrkräftebedarf

1. Die bereits erwähnte Diskrepanz zwischen dem Bedarf an Lehrkräften, die eine inklusionspädagogische Ausbildung absolviert haben und inklusiv arbeitenden Schulen. Dieses Ungleichgewicht wird im Zusammenhang mit den föderalen Strukturen unseres Bildungssystems, vor allem den Bestrebungen, das Sonderschulwesen möglichst lange zu erhalten, die Umsetzung der BRK weiterhin erschweren und um viele Jahre verzögern. Hier bedarf es inklusionspolitischer Aktionen vonseiten des Instituts für Menschenrechte, der Schulen, der Eltern sowie der Hochschulen und der Zivilgesellschaft.

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Verteilungskämpfe

. Ich vermute, dass die sich abzeichnenden sozialen Verteilungskämpfe um die Finanzierung der Kosten für die Modernisierung der Infrastruktur und Neuerrichtung von infrastrukturellen Vorhaben, wozu auch Hochschulen, Schulen und Kitas gehören, sowie die Bewältigung des Flüchtlingselends und angesichts der weltweiten Kriege, Konflikte und Klimakatastrophen, die Umsetzung von Inklusionsmaßnahmen in den Hintergrund drängen werden, sodass diese in den nächsten Jahren nur noch eine marginale gesellschaftspolitische Rolle spielen werden. Auch diesbezüglich ist ein vielseitiges inklusionspolitisches Engagement notwendig.

Realisierung der Menschenrechte

3. Die Umsetzung der BRK wird unter anderem auch davon abhängen, inwieweit es dem Institut für Menschenrechte und internationalen Organisationen, gegebenenfalls durch Klagen vor dem BVerfG bzw. dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg gelingen wird, die von der Bundesregierung eingegangene Verpflichtung zur Verwirklichung der BRK in den unabhängig agierenden Bundesländern zu realisieren, eventuell unter Aufhebung der im GG verankerten »Schuldenbremse«.

Individualnorm

4. In inklusiv arbeitenden Schulen ist es notwendig, im Zusammenhang von Qualitätsentwicklung im Schulbereich, Bildungsstandards und Leistungsmessung sowie Vergleichsarbeiten, SchülerInnen mit »Behinderungen« im Sinne der BRK oder in anderen Problemlagen und unterschiedlichen Unterstützungsbedarfen, statt mit anderen SchülerInnen, mit sich selbst zu vergleichen, also einer individuellen, statt einer vorgegebenen interindividuellen, sozialen Bezugsnorm zu unterwerfen.

Welche Aufgaben sehen Sie für die Forschung?

Entwicklung inklusionsspezifischer Module für die LehrerInnenbildung

1. Nach meiner Ansicht ist es notwendig, durch Berufung einer Forschungskommission Module und Lehrveranstaltungen für die Implementierung inklusionsspezifischer Themen und Curricula in den lehrerbildenden Studiengängen zu entwickeln. Bei diesem Forschungs- und Evaluationsprojekt geht es auch um die Frage, ob eine additive Basisqualifizierung und/oder integrierte Konzepte und ihre Einbeziehung in eine inklusive Gesamtkonzeption angestrebt werden sollen, die dann in die Lehre sowie in Ausbildungs- und Prüfungsordnungen umgesetzt werden müssen.

Evaluation von Fortbildungskonzepten

2. Es besteht derzeit unter den Bundesländern im Bereich berufsbegleitende Professionalisierung und Schulbegleitforschung kein Konsens darüber, welche inklusionsspezifischen Themen notwendig/sinnvoll sind, um eine entsprechende Qualifikation für LehrerInnen in den Schulen als Fortbildungsmaßnahme zu implementieren. »Viele Flächenbundesländer bevorzugen Schulungen von Multiplikatoren, Moderatoren, Koordinatoren oder Beratern, die ihrerseits regionale Angebote schaffen sollen, um das Thema Inklusion in die Lehrerfortbildungen nach einer Art ›Schneeballprinzip‹ zu implementieren. Andere Länder haben zentrale Stellen zur Unterstützung von Schulen zur Umsetzung von Inklusion eingerichtet, Modellregionen gebildet, regionale Netzwerke auf- und ausgebaut und/oder überregionale Kick-off-Veranstaltungen durchgeführt« (Amrhein & Badstieber, 2013, S. 18).

Inklusive
Fachdidaktik

Neben der Vermittlung des Grundgedankens der Inklusion sollten nach meiner Auffassung für alle LehrerInnen der Umgang mit Heterogenität/Differenzierung sowie diagnostische Grundkenntnisse angeboten werden.

3. Eine weitere Forschungskommission sollte sich der Frage widmen, wie in integrierter Form inklusionspädagogische Theorien und Handlungsimplikationen in den Fachwissenschaften und Fachdidaktiken verankert werden können/sollten.

Falldarstellungen

4. Es wäre für Studierende und Lehrende gleichermaßen von Nutzen und kompetenzorientiert, wenn es eine Sammlung von Falldarstellungen gäbe, in denen diagnostische und didaktische Maßnahmen aus Lernstandsanalysen, Lern- und Entwicklungsprozessen sowie methodische Vorgehensweisen ausführlich beschrieben und kritisch bewertet werden. Dabei muss freilich der Eindruck vermieden werden, man könnte Fallanalysen in unveränderter Form auf analoge Unterrichtssituationen und Fälle nahtlos übertragen, ohne die individuellen Besonderheiten der SchülerInnen und die spezifische Lehr-/Lernsituation zu berücksichtigen.

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